Religion in Österreich: Mehr Konfessionslose, mehr Muslime

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Laut einer Studie bleiben Katholiken auch in Zukunft die größte Religionsgruppe in Österreich. Eine Ausnahme könnte Wien bilden – bei besonders starker Zuwanderung.

Wien. Wie viele Katholiken, Muslime, Juden, konfessionslose Menschen etc. gibt es in Österreich, und wie wird sich ihre Anzahl entwickeln? Das Thema Religion wird zwar täglich in der Politik diskutiert, valide Zahlen gibt es allerdings kaum. Seit der Volkszählung 2001 wurde keine Information über Religionszugehörigkeit mehr abgefragt. Zwar wird die Religionszugehörigkeit im zentralen Melderegister erfasst, aber nur, wenn man freiwillig eine Angabe macht.

Das Vienna Institute of Demography der Österreichischen Akademie der Wissenschaften hat sich nun des Themas in einer Studie (mitfinanziert vom Österreichischen Integrationsfonds) angenommen. Auf Basis von Prognosen und Statistiken hat eine Forschergruppe vier Szenarien entwickelt, wie der Anteil der Gläubigen 2046 aussehen könnte, und die derzeitige religiöse Entwicklung der Österreicher untersucht.

Demnach gibt es zurzeit rund 700.000 Muslime in Österreich, also acht Prozent. Damit hat sich der Anteil der Muslime im Vergleich zu 2001 verdoppelt, der Anteil der Orthodoxen hat sich von zwei auf fünf Prozent sogar mehr als verdoppelt. Weiterhin stärkste Religionsgemeinschaft ist die römisch-katholische Kirche, die allerdings von 75 Prozent (2001) auf 64 Prozent und damit 5,16 Millionen Mitglieder gesunken ist. Die Gruppe, die am stärksten gewachsen ist, ist laut Studie die der Menschen ohne religiöses Bekenntnis. Ihre Gruppe nahm von zwölf Prozent seit 2001 auf 17 Prozent zu. Ein genereller Trend in den meisten europäischen Staaten, wie die Studienautoren unter der Leitung von Anne Goujon bemerken.

Wobei Wien mit 30Prozent konfessionslosen Menschen eine Sonderstellung einnimmt – und es aufgrund seiner Demografie wohl weiterhin tun wird. Die Zahl der Muslime lag in Wien schon 2014 bei acht Prozent und hat sich bis 2016 auf 14 Prozent erhöht. Was die Zukunft bis 2046 bringen wird, haben die Forscher auf Basis von Annahmen zur Migration und Fertilität berechnet.

Das generelle Fazit: Der Anteil der Katholiken wird österreichweit in allen Szenarien auf unter 50 Prozent sinken – trotzdem stellen auch in 30 Jahren die Katholiken die größte Bevölkerungsgruppe. Die Konfessionslosen könnten je nach Szenario bis zu 28 Prozent ausmachen, jene der Muslime bis zu 21 Prozent. Eine Ausnahme bildet Wien, wo sowohl Migration als auch Säkularisierung stärker ausgeprägt sind. Dort liegen Katholiken und Konfessionslose schon jetzt fast gleich auf (von 35 zu 30 Prozent), bei besonders starker Migration könnten Muslime allerdings die größte Religionsgruppe in der Stadt werden. Ein Überblick.

Geringe Zuwanderung

Jährlich kommen rund 25.300 Menschen nach Österreich, wobei nach 2021 die Grenzen sowohl innerhalb der EU als auch zu anderen Ländern dicht wären und es keine Zuwanderung mehr gäbe. In so einem „extremen Szenario“, wie es in der Studie heißt, würden die Konfessionslosen mit 28 Prozent ihren höchsten Anteil österreichweit einnehmen. Die Katholiken wären bei 47 Prozent trotzdem die größte Gruppe, die Muslime liegen bei zwölf Prozent.

Europäische Mobilität

Demnach kommen die meisten Menschen aus der EU nach Österreich, mit ungefähr 151.767Zuwanderern jährlich. Auch hier würden Konfessionslose mehr und Katholiken weniger werden. Die Zahl der Muslime würde in Österreich auf 14 Prozent wachsen. In Wien wären die Muslime hinter Katholiken und Säkularen die drittgrößte Gruppe.

Diversität

In diesem Szenario werden die aktuellen großen Fluchtbewegungen berücksichtigt. Ähnlich wie beim vorherigen Szenario geht man dabei von einem Rückgang der Zahl an Katholiken auf 45 Prozent sowie einem Anstieg der Zahl an Konfessionslosen auf 24Prozent und Muslimen auf 17 Prozent aus.

Starke Migration

Das letzte Szenario geht von einer starken Zuwanderung aus dem Nahen Osten und Afrika aus, deutlich höher als bisher, zusätzlich zu einer sehr hohen Fertilitätsrate. Das würde zu einem großen Anstieg des Anteils der Muslime in Österreich auf 21 Prozent im Jahr 2046 führen. Auch dann wären die Katholiken österreichweit die größte Gruppe. Nicht allerdings in Wien, wo dann nahezu jeder Dritte (30 Prozent) Muslim sein würde. Der Islam würde damit in 30 Jahren die größte Religionsgruppe in Wien darstellen. Laut den Forschern erscheinen aus heutiger Sicht die Szenarien „Europäische Mobilität und Diversität“ allerdings plausibler als die Szenarien der hohen oder geringen Zuwanderung. (win)

AUF EINEN BLICK

Religion. Durch die Zuwanderung ändert sich Zahl der Gläubigen in Österreich. Das Vienna Institute of Demography hat Szenarien für die Zukunft entwickelt. Demnach wird die Zahl der Katholiken sinken und die der Menschen ohne Konfession steigen. Eine Ausnahme könnte Wien bei besonders hoher Zuwanderung bilden. Dort könnte der Islam die stärkste Religion werden.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 05.08.2017)

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