EuGH-Urteil

Raiffeisens Frankenkredite in Polen auf dem Prüfstand

REUTERS
  • Drucken

Der Europäische Gerichtshof entscheidet heute über Frankenkredite in Polen. Das Urteil gilt als richtungsweisend. Analysten zufolge drohen den Banken hohe Belastungen, die ihre Gewinne auf Jahre auffressen können.

Für die Raiffeisen Bank International (RBI) steht am Donnerstag ein wichtiges EuGH-Urteil zu in Polen vergebenen Fremdwährungskrediten in Schweizer Franken an. Konkret geht es um die Bestimmungen zur Umrechnung der Kredit-Rückzahlungsraten von Franken in Zloty. Das Urteil gilt Experten zufolge als wegweisend für die Bankenbranche.

Für die RBI geht es in dem Rechtsfall konkret um eine Klausel zur Umrechnung der Rückzahlungsraten für die Kredite von Schweizer Franken in Zloty. Diese sei missbräuchlich verwendet worden, begründeten die Kläger, denn aus ihrer Sicht könne danach "die Raiffeisen Bank die Wechselkurse und somit die Höhe des Restsaldos und der zu zahlenden Raten frei bestimmen", heißt es in dem aktuellen "EU-Panorama" der Österreichischen Wirtschaftskammer (WKÖ). Das Bezirksgericht in Warschau gab den Klägern Recht und erklärte die Klausel für ungültig, bat den EuGH aber gleichzeitig um eine Auslegung einer europäischen Richtlinie zu missbräuchlichen Klauseln. Diese wird am Donnerstagvormittag veröffentlicht.

Aber nicht nur die RBI, sondern auch deutsche Banken wie die Commerzbank-Tochter mBank haben zahlreiche Frankenkredite in Polen ausgegeben. Das Urteil könnte daher für die gesamte Bankenbranche von Bedeutung sein. Analysten zufolge drohen den Banken hohe Belastungen, die ihre Gewinne auf Jahre auffressen können.

Klagslawine erwartet

"Das Urteil wird zu einer Lawine von Klagen führen", ist sich Janusz Szewczak von der polnischen Regierungspartei PiS sicher. Der polnische Bankenverband ZBP schätzt, dass sich die Kosten für alle betroffenen Geldhäuser zusammen auf 60 Milliarden Zloty (knapp 14 Milliarden Euro) belaufen könnten, sollten alle Kläger vor Gericht Erfolg haben. Das wäre vier Mal so viel wie die gesamten Gewinne der polnischen Banken im Jahr 2018. "Für Banken in Polen ist dies im Moment die größte Herausforderung", sagt ING-Ökonom Rafal Benecki. Die Gewinne vieler Institute könnten ausgelöscht werden und einige Geldhäuser müssten wahrscheinlich sogar über Kapitalerhöhungen nachdenken.

Die Summe dieser Fremdwährungsdarlehen in Polen beläuft sich auf umgerechnet gut 28 Milliarden Euro, das entspricht fast einem Drittel aller polnischen Hypotheken. Schätzungen zufolge sind derzeit in Polen bereits mehr als 11.000 Klagen von Kreditnehmern anhängig. Die Zahl der neuen Fälle stieg allein in den ersten sechs Monaten dieses Jahres um 39 Prozent auf 2.021, wie Daten des polnischen Justizministeriums zeigen.

Vielen Banken betroffen

Hintergrund der Rechtsstreitigkeiten sind in Schweizer Franken dotierte Kredite, die vor vielen Jahren - noch vor der weltweiten Finanzkrise vor rund zehn Jahren - an rund 700.000 Kunden in Polen vergeben wurden. Diese kosteten damals aber viel weniger, weil die Zinssätze in der Schweiz geringer waren als in Polen. Das Problem: Seit dem Zusammenbruch der US-Bank Lehman Brothers im Jahr 2008, der als Beginn der globalen Finanzkrise gilt, ist der Schweizer Franken massiv gestiegen, weil er als sicherer Anlagehafen gilt. Gegenüber dem polnischen Zloty verteuerte er sich um 85 Prozent auf gut vier Zloty. Wer also in polnischer Währung verdient, seinen Kredit aber in Franken zurückzahlen muss, zahlt nun erheblich mehr als ursprünglich vereinbart wurde.

Als die RBI im vergangenen Frühjahr die Raiffeisen Bank Polska (Polbank) für rund 760 Millionen Euro an die französische BNP Paribas verkaufte, musste sie das rund drei Milliarden Euro schwere Fremdwährungskredit-Portfolio, welches hauptsächlich aus Franken-Krediten besteht, nach einer Auflage des Regulators behalten. In dem Geschäft mit Schweizer-Franken-Krediten mischten auch die spanische Großbank Santander, die portugiesische BCP Bank sowie die polnischen Institute PKO BP und Getin Noble Bank mit.

Die mBank, an der die Commerzbank knapp 70 Prozent hält, sitzt auf Franken-Darlehen von umgerechnet rund 3,4 Milliarden Euro. Zwar will Commerzbank-Chef Zielke die polnische Tochter nun verkaufen, um seinen milliardenschweren Konzernumbau zu stemmen. Doch das Hypothekenportfolio muss er wohl behalten, wenn es nach dem Willen der polnischen Finanzaufsicht KNF geht.

(APA/Reuters)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.