Die Arbeitslosigkeit dürfte wegen der Coronakrise deutlich steigen. Allein beim Wiener AMS erwartet man aktuell bis zu acht Mal so viele Meldungen am Tag wie sonst.
Beim Arbeitsmarktservice (AMS) liefen am Montag die Telefone heiß. Am Wochenende rief das AMS seine Kunden auf, nicht mehr persönlich in den Geschäftsstellen zu erscheinen. Es ist nun erstmals auch möglich, sich telefonisch arbeitslos zu melden. „Unsere Serviceline ist völlig überlastet. Wir raten dringend, ein Mail zu schreiben“, sagt Sebastian Paulick, Sprecher des Wiener AMS.
Ähnlich ist die Lage in Tirol. Das AMS öffnete um acht Uhr früh, allein bis zehn Uhr hatte man bereits 900 Anfragen telefonisch beantwortet, so Sprecherin Evelyne Thum. Die aktuelle Regelung, sich telefonisch und per E-Mail arbeitslos zu melden, werde „sehr gut angenommen“.
Und das war wohl erst der Anfang. Österreich steht eine corona-bedingte Kündigungswelle bevor. Das Wiener AMS erwartet, dass sich krisenbedingt zwischen 3000 und 4000 Menschen am Tag arbeitslos melden werden, sagt Paulick. Normalerweise sind es zwischen 500 und 1500 Meldungen am Tag. Das heißt: Aktuell dürften allein in Wien jeden Tag bis zu acht Mal so viele Menschen den Job verlieren wie sonst. AMS-Chef Johannes Kopf rechnet damit, dass in den nächsten Tagen Tausende Menschen arbeitslos werden, sagte er am Sonntag im ORF. Das Coronavirus wird also auf dem Arbeitsmarkt deutliche Spuren hinterlassen. Ende Februar gab es in Österreich knapp 400.000 Arbeitslose und Schulungsteilnehmer. Das war ein Rückgang um 2,7 Prozent. Mit den Rückgängen dürfte es nun erst einmal vorbei sein.
Aufruf zur Kurzarbeit
Ab Dienstag bleiben österreichweit Restaurants, Bars und Cafés geschlossen. Der Tourismus steht quasi still, und auch die Händler müssen, von der Grundversorgung abgesehen, zumachen. Für viele Beschäftigte bedeutet das, dass sie aktuell nicht gebraucht werden. Das kann sich aber rasch wieder ändern, wenn das Gröbste vorbei ist. Deshalb präsentierte die Regierung am Wochenende ein neues Modell für die Kurzarbeit. AMS, Wirtschaftskammer und Gewerkschaft appellieren an die Unternehmer, Kurzarbeit in Anspruch zu nehmen anstatt Beschäftigten reihenweise zu kündigen. „Nützen Sie die Corona-Kurzarbeit, wenn es wirtschaftlich irgendwie möglich ist“, sagte Arbeitsministerin Christine Aschbacher (ÖVP) am Wochenende. Das Kalkül ist klar: Die Betriebe sollen ihre Beschäftigten halten, damit sie rasch wieder einsatzbereit sind, wenn Österreich zurück in den Normalbetrieb schaltet.
Kurzarbeit ist aber nicht für alle das Mittel der Wahl. Georg Imlauer, Sprecher der Hoteliers in der Salzburger Wirtschaftskammer, forderte vorige Woche die Möglichkeit, Mitarbeitern mit sofortiger Wirkung zu kündigen. Dafür erntete er Kritik von der Gewerkschaft: Solche Forderungen würden den Zusammenhalt in der Gesellschaft zerstören. Die Hoteliers rechnen damit, dass sich die Auswirkungen der durch das Coronavirus bedingten Krise bis in den Sommer ziehen könnten.
Starkes Ansteigen in Kärnten
Auch Peter Wedenig, Chef des AMS Kärnten, erwartet spürbare Auswirkungen. Konkrete Zahlen nennt er keine. „Aber Fakt ist, es wird ein starkes Ansteigen der Arbeitslosigkeit geben.“ Mit einer großen Zunahme rechnet er auch bei der Kurzarbeit. Am Freitag seien die Anfragen „explodiert“. Allein für Montag rechnete er mit Hunderten Anfragen. Auch Wedenig appelliert an die Betriebe, ihre Belegschaften zu halten und genau zu erwägen, „ob die Kündigung oder Rückstellung wirklich nötig ist“.