Autoren im Home-Office, Juroren in Klagenfurt – am Mittwoch Abend starten die Tage der deutschsprachigen Literatur: mit mehr als doppelt so viel weiblichen wie männlichen Teilnehmern, einer Frau an der Juryspitze und zwei neuen Jurorinnen.
Business as usual – nein, so weit sind wir heuer noch nicht beim Klagenfurter Wettlesen. Die teilnehmenden Autoren lesen erneut aus der Ferne, aus dem Home-Office sozusagen. Solchen vorgefilmten Auftritten fehlt natürlich das Happening-Artige, das in der Geschichte des Wettlesens unvergessliche Momente gebracht hat.
Immerhin kommen anders als 2020 die Juroren wieder leibhaftig zusammen, wenn auch ohne Publikum. Fast könnte man sie ja vermissen, die digitalen Jurystreitigkeiten vom Vorjahr. Sie waren, trotz – oder gar wegen? – der kuriosen Form nicht weniger lebendig als sonst, eher im Gegenteil.
Zumindest in dieser Hinsicht geht es heuer wieder konventioneller zu. Inhaltlich hoffentlich nicht. Neun Frauen und fünf Männer konkurrieren ab Donnerstag um den mit 25.000 Euro dotierten Ingeborg-Bachmann-Preis sowie die üblichen vier weiteren Preise, darunter den Publikumspreis. Über ihn wird am Samstag abgestimmt, er bringt neben Geld auch ein Stadtschreiberstipendium.
Nur ein einziger männlicher Autor kommt aus Österreich, der Weststeirer Fritz Krenn, er ist mit 63 Jahren zugleich der älteste Teilnehmer. Dass es für Siegerchancen keine Altersgrenze gibt, bewies übrigens die Siegerin vom Vorjahr, die 80-jährige Schriftstellerin Helga Schubert mit einem Auszug aus ihrem autobiografischen Roman „Vom Aufstehen. Ein Leben in Geschichten“.
Autorinnen sprengen Kunstgrenzen
Zu den österreichischen Teilnehmerinnen gehört die in Teheran geborene, in Deutschland aufgewachsene Nava Ebrahimi. Sie lebt seit 2012 in Graz und hat bereits mit ihren Romanen „Sechzehn Wörter“ und „Das Paradies meines Nachbarn“ bei Publikum und Kritik reüssiert.
Künstlerisch und sprachlich vielseitig ist die 1996 geborene Kärntnerin Verena Gotthardt, die gemeinsam mit der Deutschen Dana Vowinckel zu den jüngsten Teilnehmerinnen zählt. Sie hat Fotografie und Bildende Kunst studiert und schreibt auch slowenische Lyrik; zuletzt hat sie einen Erzählband veröffentlicht. Der Trend zur Sprengung der Kunstgrenzen zeigt sich auch bei den übrigen Österreicherinnen. So kennt man die 1991 in Salzburg geborene Katharina J. Ferner nicht nur als Lyrikerin und Romanautorin („Der Anbeginn“ schildert eine von Magie durchsetzte Kindheit in archaischer Dorfwelt), sondern auch als Performerin. Und die 37-jährige Wienerin Magda Woitzuck trat bisher vor allem als Hörspielautorin hervor.
Zwei aus der Schweiz, sieben aus Deutschland
Mindestens ein wenig Österreich-Bezug haben zwei weitere Teilnehmer. Die Deutsche Nadine Schneider hat vor zwei Jahren ihren Roman „Drei Kilometer“ im österreichischen Jung und Jung Verlag veröffentlicht. Und der Schweizer Lukas Maisel wohnt derzeit als Stipendiat in Krems an der Donau.
Seine Landsfrau Julia Weber verbindet Literatur und energisches gesellschaftliches Engagement, als Gründerin von Kunstaktionsgruppen ebenso wie im Schreiben. Ihr Roman „Immer ist alles schön“ (2017) wurde mehrfach ausgezeichnet und stand auf der Shortlist des Schweizer Buchpreises.
Aus Deutschland reisen außer Nadine Schweizer noch der bisher als Theaterautor bekannte Necati Öziri an, der Musiker und Autor Timon Karl Kaleyta und der promovierte Psychologe Leander Steinkopf. Und Anna Prizkau, deren Roman „Fast ein neues Leben“ (2020) vom schwierigen Heimatwechsel handelt – sie kam als Kind von Moskau nach Deutschland. Bereits einmal in Klagenfurt aufgetreten ist die in der DDR aufgewachsene, heute in Leipzig lebende Autorin Heike Geißler.
Insa Wilke übernimmt Juryvorsitz
In der Jury hat sich einiges verändert. Insa Wilke, bisher schon Mitglied, ist jetzt Vorsitzende, Nora Gomringer nicht mehr dabei, dafür kommen Mara Delius („Die Welt“) und die österreichische Autorin Vea Kaiser.