Stadttheater Klagenfurt

„Siegfried“: Stimmiger als in Bayreuth

Tochter von Wotan und Papagena? Ava Dodd als Waldvogel neben Tilmann Unger als Siegfried.
Tochter von Wotan und Papagena? Ava Dodd als Waldvogel neben Tilmann Unger als Siegfried. (c) Arnold Pöschl
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„Siegfried“ als zweite Premiere von Wagners „Ring“ in der Inszenierung von Aron Stiehl: szenisch kurzweilig, musikalisch respektabel.

Schmutziger Mantel, Weste mit Uhrkette, Haare und Bart weiß unter dem Hut: Fast könnte man ihn mit Wotan verwechseln, den heruntergekommenen Herrn mit Vergangenheit, der im düster dräuenden Vorspiel zum zweiten „Siegfried“-Akt vor den Vorhang tritt. Doch statt eines Speers kennzeichnet ihn eine fehlende Hand: Es ist Alberichs erster Auftritt in der Premierenabfolge von Wagners „Ring des Nibelungen“ in Klagenfurt, und Stefan Heidemann zeigt mit guter Diktion und markanter Höhe, dass der Underdog noch lang nicht am Ende seiner Kräfte ist. Trotzdem, es muss entsprechend brutal zugegangen sein, als ihm Wotan den Ring entrissen hat. Das „Rheingold“ wird in Aron Stiehls Inszenierung der Tetralogie erst am Ende nachgereicht, in der Spielzeit 2024/25; letztes Jahr hat man mit der „Walküre“ begonnen, die „Götterdämmerung“ folgt nächste Saison.

Glichen Licht- und Schwarzalbe einander immer schon, oder haben erst die Jahre ihnen diese Ähnlichkeiten eingekerbt? Das muss noch offenbleiben, klar ist bereits: Die kühne, alle Kräfte des Hauses nebst vielen Gästen fordernde Unternehmung lohnt sich.

Zunächst einmal für die Ausführenden: Wer im Graben (und auch den Proszeniumslogen!) möchte nicht wenigstens einmal den „Ring“ gespielt haben, und sei es die Fassung mit reduzierter Bläserbesetzung von Alfons Abass? Nicholas Milton sorgt am Pult mit flüssiger Lesart dafür, dass das Kärntner Sinfonieorchester sich über kleine Holperer hinweg von den besten Seiten zeigen kann; die Wortdeutlichkeit zumindest der deutschsprachigen Besetzung ist erfreulich.
Es lohnt sich auch fürs zuletzt praktisch einhellig jubelnde Publikum. Denn Stiehl gelingt im großen Ganzen eine ansprechende Gratwanderung zwischen librettogetreuer Basis und vielfach originellen, zweckdienlichen Einfällen. Die Beziehungen der Charaktere sind klar, aber stets kurzweilig dargestellt und neu durchdacht, er verdunkelt das Geschehen nicht und ersinnt keine ausgeklügelt-forcierten, von der Sache wegführenden Überschreibungen wie zuletzt Valentin Schwarz in Bayreuth. Und wenn Markus Marquardt als Wotan mit seinem Speer auf Autorität pocht und es im Orchester wie auf der Bühne blitzt und kracht, dann ist zu fühlen, dass sich da nicht bloß ein alternder Business-Tycoon nochmals aufplustert, sondern doch höhere Mächte im Spiel sind.

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