Interview

Richard David Precht: "Journalisten wollen selbst Politik machen"

Richard David Precht ärgert sich über Journalisten, die sein Buch verurteilen, ohne es gelesen zu haben.
Richard David Precht ärgert sich über Journalisten, die sein Buch verurteilen, ohne es gelesen zu haben. (c) Roland Rudolph
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Medien setzen Politiker heute unter Druck und hetzen sie zu Entscheidungen, schreibt Richard David Precht in seinem neuen Buch »Die Vierte Gewalt«. An ausgewogener Berichterstattung hätten sie kein Interesse, vielmehr orientieren sie sich nur an der Meinung der Leitwölfe.

Der Sozialpsychologe Harald Welzer und Sie haben ein Buch über die Rolle der Medien in Deutschland geschrieben. Was Medien als Mehrheitsmeinung suggerieren, weicht oft von den Ansichten großer Teile der Bevölkerung ab, sagen Sie. Und: Nicht der Staat nimmt Einfluss auf die Medien, sondern umgekehrt. Medien hetzen Politiker zu Entscheidungen, indem sie sich empören, moralisieren, simplifizieren und diffamieren. Wie kommen Sie zu diesem Befund, und warum gerade jetzt?

Richard David Precht: Die Relevanz des Themas liegt schon länger in der Luft. Der Auslöser war sicherlich die Deutung des Ukraine-Krieges und viel mehr noch, ob man mit der Lieferung schwerer Waffen letztlich etwas Gutes bewirkt oder nicht. Diese Frage wurde zu Beginn des Krieges von 45 Prozent der deutschen Bevölkerung mit „ja“ und von 45 Prozent mit „nein“ beantwortet. Zehn Prozent hatten dazu keine Meinung. In der veröffentlichten Meinung lautete die Antwort jedoch auffallend einheitlich – und zwar in fast allen Medien – nur: „ja, liefern!“. Das ist, soweit ich das überschauen kann, wohl die größte Asymmetrie zwischen öffentlicher und veröffentlichter Meinung seit Gründung der Bundesrepublik.

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