Die Regierung will den Kritikern des Gesetzes, die eine Untergrabung der Gewaltenteilung befürchten, entgegenkommen. Am Sonntag hatten Tausende Polen gegen die Reform protestiert.
Unter Zwischenrufen der Opposition hat am Dienstag im polnischen Parlament die Debatte über die umstrittene Justizreform begonnen. Kritiker der nationalkonservativen Regierung riefen in der Sitzung "Schande" und "Sauerei". Vor dem von Sicherheitskräften abgeschirmten Parlamentsgebäude in Warschau forderte eine kleine Gruppe Demonstranten die Volksvertreter auf, gegen das entsprechende Gesetz zu stimmen. Am Sonntag hatten bereits Tausende dagegen protestiert.
Vize-Justizminister Marin Warchol kündigte laut Agentur PAP nun Änderungen an dem Entwurf an. Man wolle den "Bedenken entgegenkommen" und diese Entscheidung nicht dem Minister, sondern dem Landesrichterrat (KRS) zuschreiben, einem kollegialen Verfassungsorgan zur Wahrung der Unabhängigkeit der Justiz.
Die Regierungspartei Recht und Gerechtigkeit (PiS) verfügt im Parlament über die absolute Mehrheit und kann mit der Reform künftig über die Zusammensetzung des Verfassungsgerichts entscheiden. Bisher werden die Richter vom Staatspräsidenten auf Empfehlung des Nationalen Justizrates ernannt. Bereits am Freitag hatte das Parlament dafür gestimmt, alle Mitglieder des Justizrates zu entlassen.
Kritiker monieren, mit der Reform werde die Gewaltenteilung untergraben. PiS-Politiker argumentieren dagegen, sie hätten ein demokratisches Mandat, die Justiz effizienter zu machen und stärker zur Verantwortung zu ziehen. Die Reform stößt auch im Ausland auf scharfe Kritik. Zuletzt forderten deutsche Politiker, Polen in der EU notfalls die Stimmrechte zu entziehen.
EU betrachtet Entwicklung "mit großer Sorge"
Die EU-Kommission wird am Mittwoch keine Entscheidung über das weitere Vorgehen gegen Polen in Sachen Vertragsverletzungsverfahren wegen umstrittener neuer Justizreformen fällen. Ein Sprecher erklärte am Dienstag in Brüssel, der Vizepräsident der EU-Kommission Frans Timmermans werde die Kommission über die jüngste Entwicklung unterrichten. Dabei würden die nächsten Schritte beraten.
Jedenfalls betrachte die Brüsseler Behörde die Lage in Polen "mit großer Sorge". Allerdings handle es sich bisher nicht um Gesetze, sondern um Vorhaben Polens. Darüber hinaus gebe es unterschiedliche Stränge in dem Verfahren.
Erst Tags zuvor hatten fünf Fraktionschefs im EU-Parlament die Kommission zu weiteren Vertragsverletzungsverfahren gegen Polen aufgefordert. Die geplanten polnischen Gesetze seien "nicht kompatibel mit EU-Verträgen und einer Mitgliedschaft", heißt es in dem Brief. Sollten sie in Kraft treten, müsse dies Konsequenzen haben. Da der Oberste Gerichtshof in Polen die Instanz sei, die die Gültigkeit von Wahlen feststelle, könnten auch freie Wahlen in Polen nicht mehr garantiert werden.
(APA)