Erdnüsse: Gefahr für Kleinkinder

(c) Die Presse (Michaela Bruckberger)
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Erdnüsse werden von Kindern oft eingeatmet und gelangen so in die Lunge. Kinderspielzeug hingegen gerät eher selten in die Atemwege der Kleinen.

Nikolo und Weihnachten, die Saison der (Erd-)Nüsse, kann für Kleinkinder im Alter von zwei bis drei Jahren gefährlich werden: Kleines, das in den Mund genommen wird, kann leicht eingeatmet werden. Die zahlenmäßig größte Gefahr geht dabei von Nüssen und dabei wiederum von Erdnüssen aus.

„In 80 bis 90 Prozent der Fälle sind es Erdnüsse, die an unserer Abteilung mittels Bronchoskopie aus den Lungen von Kleinkindern entfernt werden müssen“, berichtet Univ.-Prof. Dr. Alexander Rokitansky, Vorstand der Abteilung für Kinderchirurgie am Wiener Donauspital-SMZOst. Nur in selteneren Fällen gelangen Spielzeug-Kleinteile oder andere Nahrungsbestandteile wie Stücke von Knabbergebäck, Äpfeln oder auch Hühnerknochen in die Atemwege der Kleinen.

Massiver Hustenanfall

Die sicherste Maßnahme dagegen ist laut Rokitansky, die Kinder nie unbeaufsichtigt und in Frage kommende Gegenstände nicht in deren Reichweite zu lassen. So schildert Rokitansky den typischen Hergang des „Verschluckens“: „Das Kind ist kurze Zeit unbeaufsichtigt und hat plötzlich einen massiven Hustenanfall – mitunter passiert dies im Verwandtenkreis, wo vielleicht nicht alles kleinkindgerecht aufbewahrt wird.“ Eltern und Kinder erschrecken zwar, beruhigen sich aber mit dem Aufhören der Hustenattacke, und in manchen Fällen wird der Vorfall wieder vergessen.

„Einige der betroffenen Kinder werden erst nach zwei oder mehr Wochen einem Kinderarzt vorgestellt, wenn sich eine Bronchitis oder gar Lungenentzündung mit Fieber entwickelt hat“, sagt Dr. Hubert Göpfrich, Kinderarzt und Spezialist für Kinder-Lungenheilkunde am Donauspital. Mit der Hustenattacke hat der Organismus zwar versucht, den eingeatmeten Fremdkörper wieder loszuwerden, „gelingt dies nicht, dann wird der Hustenreflex sinnlos und hört wieder auf“.

Führt zu Lungenentzündung

Der Fremdkörper verursacht aber eine Entzündung im Lungengewebe und erst durch genaues Nachfragen der Ärzte taucht der Vorfall wieder in der Erinnerung auf – der Verdacht der Aspiration liegt damit nahe. „Gemäß den internationalen Richtlinien soll heute bei jedem Kind unter drei Jahren nach einer plötzlichen, starken Hustenattacke und Verdacht auf Aspiration eine Bronchoskopie (Lungenspiegelung, Anm.) durchgeführt werden. Damit wird ein versehentlich eingeatmeter Fremdkörper geortet und kann zugleich entfernt werden.“

Laut Göpfrich geht dies umso leichter, wenn sich noch keine Entzündung rund um den eingeatmeten Gegenstand gebildet hat. „Ein solcher Eingriff sollte aber nur an einem Spezialzentrum erfolgen, das sowohl für die Kinder-Anästhesie ausgerüstet ist, als auch die erforderlichen Geräte hat – vor allem aber genügend Erfahrung in der Kinder-Bronchoskopie“, so Göpfrich. In geschulten Händen sei ein solcher Eingriff – rechtzeitig durchgeführt – weitgehend risikolos.

Riskante Knopfbatterien

Ein bis zwei Wochen nach erfolgter Aspiration ist die endoskopische Fremdkörperbergung wesentlich schwieriger, und meist benötigen die Kinder aufgrund der bereits bestehenden Lungenentzündung einen längeren Spitalsaufenthalt sowie eine Antibiotika-Behandlung. „Die verschluckten Gegenstände können sogar wie ein Ventil wirken, wenn sie die Bronchien verlegen. Die Luft kann dann zwar ein-, aber nicht mehr austreten – auf dem Röntgenbild ist dies dann in Form einer Überblähung der Lunge zu erkennen“, erklärt Rokitansky.

Sind die meisten der eingeatmeten Gegenstände zum Glück ungiftig, so warnt Rokitansky eindringlich vor Knopfbatterien. Werden diese verschluckt und gelangen in den Magen-Darm-Trakt, dann entsteht durch die Magensäure hochgiftiges Quecksilber. „Derartige Gegenstände müssen sofort mittels Magnetsonde aus dem Magen entfernt werden.“

Meist unterschätzte Gefahr

Eine immer wieder unterschätzte Gefahr sind Medikamente oder im Haushalt vorkommende Chemikalien wie Nagellackentferner oder Backofenreiniger, die bei Kleinkindern schwerste Vergiftungen und Verätzungen hervorrufen. „Es lohnt sich, die Wohnung immer wieder auf mögliche Gefahrenzonen hin zu überprüfen“, meint Doris Wundsam, Rettungssanitäterin und Leiterin des Ausbildungszentrums der Johanniter Unfallhilfe.

Was das unbeabsichtigte Einatmen angeht, so erinnert sie auch an kleine Tonkügelchen, die als Ersatz für Blumenerde dienen. „Schon ein Netz oder eine alte Strumpfhose über den Topf gebunden kann die Gefahr ausschalten.“

("Die Presse", Print-Ausgabe, 01.12.2008)

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