"Schwedisch für Fortgeschrittene": Patschenrevolution in der Diskothek

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Ahnungsloses Wohlfühlmärchen: Absehbarer zweiter Frühling in "Schwedisch für Fortgeschrittene".

Die Witwe Gudrun (geplagt: Maria Lundqvist) hockt mit ihrer Tochter Liselotte am Tisch und lässt den Kopf hängen. Die junge Frau versucht, ihrer Mutter den Staub von den Schultern zu klopfen und sie zum Fortgehen zu animieren. Doch erst ein schicksalhaftes Zusammentreffen mit der gleichaltrigen und frisch geschiedenen Gynäkologin Elisabeth (Helena Bergström) führt bei der Trauerweide zu einem zweiten, äußerst fruchtbaren Frühling.

Das Heartbreak Hotel des Originaltitels meint in Colin Nutleys Zielgruppenfilm Schwedisch für Fortgeschrittene eine Diskothek, in der die beiden Mittvierzigerinnen ihr frisches Selbstbewusstsein austesten: Zwischen Schwitzschenkeln und Kloschüssel-Exkursionen erfährt ihre Exzessbereitschaft schließlich eine Grenze.

Nutleys Film ist ökonomisch erzählt, in funktionaler Fernsehästhetik, und hangelt sich an bekannten emotionalen Haken entlang: Die „graue Maus“ geht aus sich raus; die „Wilden Alten“. Erst zum Ende des zweiten Drittels hin bricht die Erzählung aus ihrer penetranten guten Laune aus und konfrontiert Gudrun mit ihrer – graumelierten, konservativen – Vergangenheit: Der tot geglaubte Ehemann Åke kehrt zurück und der Partygranate kommen Zweifel an ihrem gelebten Hedonismus.

Der Generationenfilm aus weiblicher Perspektive erfreut sich wachsender Beliebtheit im europäischen Kino: Im Besonderen der skandinavische Film verhandelt gerne Problemstellungen von aus Hollywoodfilmen wegradierten Altersklassen. Aber auch Österreich hat sein Scherflein zur Repräsentation mitteljunger Weiblichkeit beigetragen: Erst letzten Herbst ließ Barbara Albert in Fallen eine Frauengruppe jenseits der Dreißig eine lange Nacht durchleben.

Mit Alberts inszenatorischen Qualitäten und ihrer inhaltlichen Reflexion kann es der seit Jahrzehnten in Schweden lebende Exilbrite Nutley nicht aufnehmen: Seine Erzählung schwankt zwischen Groschenroman und Patschenrevolution. Schwedisch für Fortgeschrittene ist ein Wohlfühlmärchen von Selbstermächtigung und Eigenständigkeit: Von beidem hat der Regisseur keine Ahnung. Ab Freitag im Kino.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 23.07.2007)

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