Transformers: Wenn Maschinen menscheln

(c) Paramount Pictures
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Neu im Kino. Alles für niemand: Michael Bays Exzess-Epos "Transformers". Ab Freitag.

Im Anfang war der Würfel: Mit dieser nicht nur theologisch kühnen Feststellung beginnt Transformers, nach 20 Jahren der zweite Langfilm zur gleichnamigen, in den 1980ern populären Spielzeugreihe von Robotern, die sich in Autos und andere Vehikel verwandeln konnten. Die Autorität eines tief durchs Weltall hallenden Basses wird bemüht, um jeden Zweifel am würfeligen Ursprung aller Dinge auszuräumen: Als würde Darth Vader höchstpersönlich das Rubik-Revival fordern.

Tatsächlich soll der wehrlose Zuschauer so gleich zwei Formen finanziell gewinnbringender Ersatzreligion näher kennen lernen: Merchandising-Kino in Vollendung – nicht mehr die Action-Figuren zum Film, sondern der Film zu den Figuren – und die seelenlose wie kassenträchtige Blockbuster-Apokalypse gemäß der hemmungslosen Handschrift von Regisseur Michael Bay.

Bay wurde geboren, um diesen Film zu machen: Zwischen den ungleich liebevoller gestalteten Explosionen und Effekten seiner Exzesse wirkten die menschlichen Figuren schon immer wie Maschinen, die notdürftig und eigenschaftslos dazu dienten, die Zeit zwischen zwei Feuerbällen zu überbrücken.

In Transformers hat er nun endlich die Möglichkeit reinen Maschinenkinos: Da geht die Selbstkritik am Frühwerk zurecht leicht von der Hand: Das sei locker hundertmal so cool wie Armageddon, schreit ein Junge angesichts der Riesenroboter. Schreit? Nicht nur: Er schwört! Wer würde zweifeln?

Doch ach! Der menschliche Makel ist hinterrücks wieder ins Getriebe dessen gekommen, was doch endlich Bays ganz synthetisches Maschinenmeisterwerk hätte werden sollen: Teilschuld trägt zweifellos Mitproduzent Steven Spielberg, aus dessen Filmografie etwa die Hälfte der Handlung zusammen gestoppelt wurde (die andere Hälfte ist eine ganz kindische Version von Terminator 2).

Gewaltige Trickeffekte, kaum zu sehen

In bewährt Bay'scher Tradition gibt sich der Filmemacher zwar alle Mühe, die Roboter möglichst ununterscheidbar zu gestalten: Einmal stellen sie sich kurz mit ihren besonderen Eigenschaften vor, aber das ist gleich wieder vergessen. Trotzdem: Sie menscheln unsäglich, die guten Autobots – liebe Außerirdische wie E.T., strahlend in bunten Gute-Laune-Jukeboxfarben. Ihre Widersacher, die gar nicht bunten Deceptions, erzwingen wegen des Würfels einen den Planeten bedrohenden War of the Worlds auf der unschuldigen Erde. Die wird bleiben, soviel sei verraten, denn die Fortsetzung (die mit mehr Gute-Laune-Robotern mehr Glück in mehr Kinderzimmer bringen soll) folgt 2009.

Der Kampf demonstriert immerhin den aktuellen Stand der Tricktechnik: Roboter verwandeln sich in rasender Bewegung in Autos (der Firma General Motors) oder Helikopter, die digitale Rechenleistung, wenn sich tausende Teilchen ver- und ineinander schieben, wäre überwältigend: Wenn das menschliche Auge mehr mehr als eine Hundertschaft davon registrieren könnte. Oder ein Dutzend, mehr scheint in der unvergleichlichen Unübersichtlichkeit des patentierten Schnellschnittgewitter-Kameraruckelns à la Bay kaum möglich. Neue Detaileffekt-Dimensionen für die große Leinwand – aber wohl erst mit der Zoom-Funktion des DVD-Players wirklich sichtbar. Vielleicht.

Nicht das einzige Maximum, das dieser endlose Film minimiert: Bis zur Chaos-Attacke vergehen zwei Stunden mit der halblustigen Initiationsgeschichte eines Buben und seines Auto(bot)s. Kindliche Scherze und adoleszentes Frühlingserwachen mit technisch überqualifizierten, dafür unterbekleideten Pinup-Mädels und dazu eine geballte Dosis Truppen-Patriotismus bei gleichzeitiger Verhöhnung der politischen Führung. Transformers hat etwas für jede Zielgruppe – doch wer das eine schätzt, wird das andere deswegen noch lange nicht erträglich finden. Michael Bay gibt alles für niemand.

KULT-SPIELZEUGROBOTER

Die „Transformers“ wurden ab 1984 in Japan und den USA hergestellt: Roboter, die man in andere Formen „transformieren“ konnte. Zum Kult-Spielzeug gab es Comics, eine Zeichentrickserie und 1986 einen Film.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 30.07.2007)

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