Werbung und Musikvideos: Diese Oper fetzt

(c) Philipp Stölzl
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Eigentlich ist er in der Werbung und bei Musikvideos zu Hause. Jetzt inszeniert Philipp Stölzl eine Oper und zwar gleich bi den Salzburger Festspielen. Wie es dazu kam, erzählt er im Gespräch.

Er hasst es, auf Madonna angesprochen zu werden. Dabei hätte Philipp Stölzl sicher einige Insidergeschichten parat, aber mit solchen Federn mag er sich nicht schmücken. Der Berliner Regisseur dreht Musikvideos für Superstars und Werbespots für die wichtigsten internationalen Marken. Sein zweiter Spielfilm wird gerade produziert, und in Salzburg hat am 10. August seine Inszenierung von
Berlioz’ „Benvenuto Cellini“ Premiere. Der gelernte Bühnenbildner und Sohn des ehemaligen Berliner Kultursenators ist angesichts dieser facettenreichen Karriere dennoch ein bescheidener Mann, dem die Freude und Begeisterung für die Arbeit aus den Augen strahlt. Ein Gespräch über den Salzburger Theater-Zirkus und die Beglückungen der Werbung.


„Benvenuto Cellini“ wird sehr selten aufgeführt. Wie kamen Sie dazu?

Dirigent Valery Gergiev und Jürgen Flimm hatten die Idee, „Benvenuto Cellini“ in Salzburg auf die Bühne zu bringen. Jürgen hat mich gefragt, ob ich die Regie mache. Beides ziemlich mutig. (lacht) Die Oper hat so eine Art Kultstatus unter klassischen Musikern, die Partitur ist total überdreht, halsbrecherische Tempi, prall voll mit originellen musikalischen Ideen. Das Ganze ist allerdings so schwer zu singen und szenisch so ultra-aufwendig gedacht, dass man irgendwie schon versteht, dass es „Cellini“ nicht zum Stadt-
theater-Repertoire-Klassiker gebracht hat. Salzburg ist einer der wenigen Orte, wo man diese Oper überhaupt
adäquat aufführen kann.


Ist Oper – verglichen mit den popkulturellen Medien, mit denen Sie sonst arbeiten – nicht eine sehr elitäre und fast altmodische Kunstform?

Elitär ja. Die Oper ist irgendwie doch die Kunstform für die Gebildeten und die, die sich die Tickets leisten können. Konservativ nein, nicht für die Macher. Die künstlerische Freiheit ist unglaublich groß, viel größer als bei den filmischen Medien, bei denen die Produzenten, Kunden, Sender, Plattenfirmen etc. immer starken Einfluss auf das Endprodukt haben. Bei der Oper fragt dich im Endeffekt niemand, warum du was so oder so machst, das wird einfach so hingenommen als künstlerische Äußerung, fast wie in der bildenden Kunst.
Theater bedeutet ja, im Gegensatz zu Film, mit sehr reduzierten und konzentrierten Mitteln eine Geschichte zu erzählen. Wie viel Pop bringen Sie in die Oper ein?
Ich denke zunächst mal nicht, dass das Theater von den Mitteln her reduzierter ist als Film, es sind einfach andere Mittel, aber sicher nicht weniger. Die Bühne ist ein wahnsinnig reiches und vielfältiges Medium. Der Salzburger „Cellini“ wird ziemlich poppig, das liegt aber nicht daran, dass ich als Musikvideofritze verbissen den Pop ins Opernhaus trage, sondern daran, dass das Revuefeuerwerk dieser fetzigen Oper einfach zu Pop inspiriert.


Viele Werberegisseure träumen vom Film und schimpfen auf die Werbung, wie ist das bei Ihnen? Ist Werbung nur ein Brotberuf?

Bei mir ist das genau umgekehrt, nach einem anstrengenden, ewig langen Spielfilmdreh träume ich von einer netten Werbung! Warum? Bei der Werbung ist der Regisseur ja nur ein Element in einem großen Team, Agentur, Kunde, Marketingleute, alle tragen ihren Teil zu einem erfolgreichen Spot bei. Die Eigenverantwortung für den Regisseur ist letztlich klein, dafür ist professionelles Handwerk gefragt. Ich finde das erfrischend, dass man da nicht die ganze Last des Gelingens auf den Schultern trägt, man darf einfach drehen, pures Filmhandwerk, ohne schlimme Sorgen und wird dafür ganz gut bezahlt.


Wie empfinden Sie das kulturelle Klima in Salzburg, das ja als sehr spießig gilt?

Salzburg ist eine ziemlich konservative Stadt, klar, das kann man blöd finden, aber die Festspielmacher selbst sind ein riesiger Haufen theater- und musikbegeisterter Menschen, die da aus der ganzen Welt für den Sommer zusammenkommen. Das ist ganz sicher keine spießige Veranstaltung, eher ein Ferienlager für Hochkultur-Kreative (lacht).


Hat man als junger Opernregisseur Angst vor den strengen Kritikern?

Kaum. Meine Opernarbeit hat sich ja mehr so ergeben, aus Zufall, muss man sagen, und ich hab eigentlich nach wie vor keine riesige Karriere-Ambition diesbezüglich, es ist fast wie ein tolles Hobby oder so. Das Ganze macht mir einfach großen Spaß, und ich mach die Opern so, wie ich die Musik empfinde, und wie ich sie selber gerne sehen würde, ganz naiv. Wegweisendes Innovationstheater kommt dabei vielleicht nicht raus, aber ein Opernabend, der mit viel Lust und Liebe gemacht ist. Wenn es dafür von den Kritikern Dresche gibt, gut, gehört dazu, muss man eben damit leben.

Gibt es noch weitere unerschlossene Interessensfelder?

Jetzt ist mal Schluss. Mehr passt nicht rein. Vielleicht noch als Rentner langweilige Aquarelle malen in der Toskana …

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