Medien in Frankreich: Sarkozy: Ein Freund, ein fast zu guter Freund?

(c) AP (Jacques Brinon)
  • Drucken

Seit Amtsantritt wird dem französischen Präsidenten Sarkozy vorgeworfen, er halte die Medien an der kurzen Leine. Ein Vorurteil?

Frankreich hat nicht bloß ein Staatsoberhaupt, sondern einen „Hyperpräsidenten“: Dieses Wort hat sich in den französischen Medien eingebürgert, wenn diese mit unverhohlener Bewunderung über Nicolas Sarkozy reden. Seine Allgegenwart überließ er weder vor der Wahl noch heute dem Journalismus.

Warum hat er die Wahl gewonnen? Nun, er verfügte über ein klares, zeitgemäßes Programm – das eigentliche Geheimnis des Erfolgs aber ist seine Kommunikation. Als Präsident verwendet er heute dieselben Methoden der Selbstdarstellung, die für ihn als Innenminister schon effizient waren. Wo er ist, sind Kameras und Mikrofone. Wenn nötig, werden Medienereignisse organisiert. So gelang ihm sogar das Kunststück, dem eigenen Premierminister, François Fillon, die Show zu stehlen: Der gab mit einer Regierungserklärung seinen Einstand, während „Sarko“ die Straßenbahn in Marseille einweihte.

Journalisten gegenüber verhält sich der Präsident fast liebevoll. Er ist systematisch per Du mit den Journalisten. Wer sich nicht umgarnen lässt, ist als Gegner abgestempelt und muss gegebenenfalls die Konsequenzen tragen. Umgekehrt rekrutiert er ungeniert bekannte Journalisten als Mitarbeiter. An zornige Anrufe und „gut gemeinte“ Ratschläge des jetzigen Staatschefs hat man sich in den Redaktionen dem Vernehmen nach gewöhnt. Selbstzensur und Entgegenkommen sind an der Tagesordnung. Vor ungefähr einem Jahr hatte doch der Redaktionsleiter von Radio Europe-1 UMP-Parteichef Sarkozy kurzerhand gefragt, wen er ihm denn als Berichterstatter über die UMP empfehle. So etwas sei üblich in Frankreich, rechtfertigte sich der Redaktionsleiter. Medienkritiker Daniel Schneidermann, der zunächst seinen Job bei „Le Monde“ und nun auch noch seine Sendung im öffentlichen Fernsehen verliert, warnt: „Die Medien dürfen sich nicht von Sarkozy hypnotisieren lassen.“

Hinter Sarkozys Beziehungen in die Redaktionen verbirgt sich jahrzehntelanges Kontakteknüpfen – nicht nur mit Reportern, sondern auch mit Medienmanagern. Die einflussreichsten Eigentümer von Presse, TV und Radio sind seine persönlichen Freunde:
•Arnaud Lagardère (Hachette-Mediengruppe) nennt er „Bruder“.
•Sein stellvertretender Wahlkampf-Chef, Laurent Solly, ist seit Mai Vizechef des größten französischen Fernsehsenders TF1. Martin Bouygues (TF1) und Bernard Arnault („La Tribune“) waren seine Trauzeugen.
•Zum Freundeskreis gehören Vincent Bolloré (Direct8, Gratiszeitung „Direct Soir“), Alain Minc (Aufsichtsratspräsident bei „Le Monde“) oder François Pinault („Le Point“).
•Ein UMP-Parteikollege ist Serge Dassault, („Le Figaro“, „L'Express“, „L'Expansion“).

Zu den mächtigen Kameraden befragt, meinte Sarkozy, es sei doch „keine Schande, reiche Freunde zu haben“. Lagardère: „Bevor sie (die Journalisten) über ihre Unabhängigkeit reden, sollten sie sich fragen, ob es ihre Zeitung morgen noch geben wird.“ Das also ist die hohe Kunst der Kommunikation.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 10.07.2007)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.