Sein Antrieb: die Idee

Nachruf. US-Konzeptkünstler Sol LeWitt starb im Alter von 78 Jahren in New York.

Österreich gab er eine Wand: 2004, als Graz schon wieder Ex-Kulturhauptstadt war, entwarf der US-amerikanische Künstler Sol LeWitt eigens für das Kunsthaus eine 70Meter lange und vier Meter hohe Mauer („Wall“) aus Leichtbeton. Form und Farbe waren alles, was er je für seine Kunst brauchte – oft nicht einmal das: Der Sohn jüdischer Einwanderer aus Russland vertrat die Ansicht, dass schon „Ideen allein Kunstwerke sein können“.

Längst nicht alle Ideen müssten physisch ausgeführt werden. Er konzentrierte sich auf die Konzipierung seiner Werke und überließ deren Realisierung oft Assistenten: „Wie Musik“ könnten seine Entwürfe von den Interpreten „besser oder schlechter dargeboten werden“, so LeWitt, ohne jedoch den authentischen Charakter einzubüßen.

Aus dem Koreakrieg ins MoMA

Sol LeWitt wurde am 9.September1928 in Hartford (Connecticut) geboren. Mit ersten Malversuchen begann er auf dem Packpapier im Geschäft seiner Tante. Er studierte Kunst, zog als Grafikstudent in den Koreakrieg und kam nach der Rückkehr als Designer im New Yorker Museum of Modern Art (MoMA) unter. Seine Karriere begann Anfang der Sechziger, als man nach „anderer“ Kunst suchte. Seine ersten Arbeiten, die er als freier Künstler vorstellte, waren simple geometrische Bilder in Serie. Dreidimensionale Strukturen aus Holz, Plexiglas oder Stahl folgten, Kuben mit geschlossenen Seiten oder Gittern und schließlich käfigartige Konstruktionen in Form von Pyramiden oder Quadern. Seine Arbeit basierte auf den Grundformen (Rechteck, Dreieck) und -farben (Rot, Gelb, Blau, Schwarz) – er arrangierte sie nach seinen Regeln. Ende der Sechzigerjahre wurde LeWitt zu einem wichtigen Anreger der konzeptuellen Kunst.

1969 formulierte er mit den „Sentences of Conceptual Art“ die theoretische Grundlage seiner Kunst. Er definierte sie als gegensätzlich zur optisch orientierten Wahrnehmungskunst, da sie für den Betrachter vornehmlich in geistiger Hinsicht interessant sei. Das Konzept des Werkes stand dabei im Vordergrund: „Die Idee wird zu einer Maschine, die Kunst macht“, sagte er einmal, und diese Aussage kann durchaus als Leitmotiv seines Schaffens gewertet werden.

In dem Werk „The Location of 6 Geometric Figures“ (1975) etwa wollte er den Mittelpunkt der geometrischen Formen durch Gedanken, Skizzen und Berechnungen ermitteln. Der Absolutheitsanspruch trat dabei hinter Pluralismus und Experimentierfreude zurück. In dieser Zeit entwickelte LeWitt auch eine Form von Wandzeichnungen, die er als „Wall Drawings“ bezeichnete. Die Zeichnungen sollten nicht ein eigenes Bild erzeugen, sondern vielmehr als Teil der Architektur den Raum beeinflussen.

Persönlich war LeWitt „das Gegenteil des Künstlers als Star“, schreibt die „New York Times“ in ihrem Nachruf. Er lebte zurückgezogen, insbesondere habe ihm „die Aussicht missfallen, ein Foto von sich selbst in der Zeitung zu sehen“. Seine Werke sind zum Beispiel in der Staatsgalerie Moderner Kunst in München, im New Yorker Museum of Modern Art (MoMA) oder der Londoner Tate Gallery zu sehen. Der 78-jährige LeWitt erlag am Ostersonntag in New York einem Krebsleiden. trick/apa

Inline Flex[Faktbox] ZUR PERSON("Die Presse", Print-Ausgabe, 10.04.2007)

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