Wien ist doch die Musik-Hauptstadt

Konzerte 2007/08. Musikverein und Konzerthaus bieten alles, was das Herz begehrt – und für alle Altersklassen.

Zwanzig Jahre lang führt Thomas Angyan bereits die Geschicke der Gesellschaft der Musikfreunde in Wien. Zum Jubiläum hat er die Saisonbroschüre 1987/88 herausgesucht, die noch sein Vorgänger, Albert Moser, zu verantworten hatte. Acht große Orchester-Zyklen bot die Gesellschaft ihren Abonnenten damals an. Heute sind es 15. Weit über 700 Veranstaltungen bietet der Musikverein heuer an, ein Allzeithoch, das Wien im Verein mit dem ebenfalls viel reichhaltiger gewordenen Angebot der Konzerthausgesellschaft (420 Abonnementkonzerte) tatsächlich zur führenden Musikstadt macht.

Denn die Künstlerparade, die sich hier übers Jahr ein Stelldichein gibt, darf als Crème de la Crème des internationalen Musik-Business gelten. Schon die Namen jener Musiker, die etwa im Musikverein jede Saison mehrmals zu Gast sind, sprechen für sich: Riccardo Muti, dem Angyan heuer erstmals einen eigenen Zyklus anvertraut, Mariss Jansons, der, wie schon gewohnt, wieder mit den Wiener Philharmonikern, dem Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks und mit dem Concertgebouw Orchester gastiert, Georges Prêtre, der die Philharmoniker und die Symphoniker leitet, Franz Welser-Möst, der Philharmoniker und sein Cleveland Orchestra dirigiert etc. etc.

Allein die Wiener Philharmoniker musizieren jenseits ihres gar nicht mehr so exklusiven Abonnement-Zyklus zwölf Konzerte für die Gesellschaft der Musikfreunde. Der Wiener Singverein bereitet seine Jubiläumssaison vor, weshalb – weil ein von allen Dirigenten hochgelobter Chor nur mit ersten Orchestern auftreten soll – die Spielzeit 2008/09 besonders teuer werden wird, wie Thomas Angyan verrät. Für 2007/08 darf er aber noch auf schwarze Zahlen hoffen.

Sponsoren finanzieren Orchester-Touren

Dank des Riesenprogramms und der treuen Stammklientel der Abonnenten kann die Gesellschaft der Musikfreunde mit verhältnismäßig geringen öffentlichen Mitteln auskommen. Freibeträge decken die bis dato zwölf Sponsoren ab, womit die teuren Orchester-Gastspiele aus London, Paris, Cleveland, München, Venedig, Amsterdam, Leipzig und Florenz finanziert wären.

Ähnlich gestaltet sich die Programmplanung im Konzerthaus, wo Christoph Lieben-Seutter seine letzte Saison vor dem Abgang in die neue Hamburger Philharmonie vorstellen konnte. Er widmet neben den gewohnten Zyklen eine eigene Konzertreihe dem Pianisten Oleg Maisenberg, setzt auch auf konzertante Opernaufführungen wie Bellinis „Capuleti“ mit Anna Netrebko und Elena Garanca, holt Gäste wie das WDR-Orchester (S. Bychkov) und die St.Petersburger (Temirkanov) – und übergibt seinem Nachfolger Kerres mit „Team und Publikum“ ein, wie er sagt, „starkes Kapital“.

Zur luxuriösen Parade der Weltstars kommt freilich in beiden Häusern die Pflege zeitgenössischer Musik und des Nachwuchses – auf Seiten der Hörer wie der Musikanten. Konzerthaus und Musikverein gemeinsam richten den Zyklus „Rising Stars“ aus, jedes Haus für sich präsentiert Musik für jugendliche Interessenten – wobei der Andrang immer stärker wird. Thomas Angyan weiß zu berichten, dass sich allein für die Proben von Franz Schmidts Oratorium „Das Buch mit sieben Siegeln“, das Freitag, Sonntag und Montag von Fabio Luisi dirigiert wird, Hunderte von neugierigen Schülern angemeldet haben.

Abschied vom Alban Berg Quartett

Das Interesse der Kleinen und Kleinsten wird im Musikverein mit Zyklen wie Allegretto (ab 5) oder Capriccio (ab 13) befriedigt. Wobei auch da die Nachfrage das Angebot regelmäßig weit übersteigt – was vielleicht doch einmal ein Umdenken unserer Politiker in Sachen musischer Ausbildung im Schulbereich zur Folge haben sollte.

Nicht zu kurz kommen auch die zeitgenössischen Komponisten. Keineswegs nur im Rahmen von Spezialfestivals wie „Wien modern“: Allein im Musikverein wird es 2007/08 sieben Uraufführungen geben – davon drei Auftragswerke (Richard Dünser, Thomas Pernes zu seinem Fünfziger, Christian Muthspiel für den Singverein).

Abschied zu nehmen gilt es nächste Spielzeit vom Alban Berg Quartett. Das Anfang der Siebzigerjahre gegründete Ensemble absolviert im Mozartsaal des Konzerthauses seine letzten beiden Konzerte – mit Musik von Haydn und Beethoven, vor allem aber, versteht sich, mit beiden Quartettkompositionen seines Namenspatrons im Zentrum.

Inline Flex[Faktbox] HÖHEPUNKTE: Musikverein und Konzerthaus 2007/08("Die Presse", Print-Ausgabe, 13.04.2007)

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