"Die Habsburgischen": Kaiserliche Grottenbahn quietscht

(c) AP
  • Drucken

Musical-Premiere. „Die Habsburgischen“, grober Spaß, viele Klischees, gute Mimen.

Kathrin Zechner, Musical-Chefin der Vereinigten Bühnen Wien (VBW), bringt frischen Wind. Liest man. Was ist daran frisch? Den Uralt-Stoff „Rebecca“ ließ Zechner in ein zugegeben tolles Effekt-Feuerwerk packen. Uralt-Helden Österreichs verarbeitet sie zu Shows. Auf „Die Weberischen“ (Mozart) folgen „Die Habsburgischen“, seit Samstag in der Reihe „Ronacher Mobile“ (das Ronacher wird um viel Geld renoviert) im Museumsquartier zu sehen.

Michaela Ronzoni, die bereits den Text zu den „Weberischen“ schrieb, verfasste auch das Buch für „Die Habsburgischen“; offenkundig nach Studium des alten, aber guten Standard-Werkes „Familie Habsburg“ von Dorothy Gies McGuigan (450 Seiten stark, aus den sechziger Jahren, Molden-Verlag). Der „Degenerationstanz“ in Teil II etwa beruht auf McGuigan, die sich wundert, dass sich die Habsburger trotz Inzucht länger gehalten haben als andere Dynastien. Auch die enge Verbindung von Privatem und Politischem scheint von dem Buch inspiriert.

Wie Ronzoni hat auch Christian Kolonovits bereits bei den „Weberischen“ mitgearbeitet. Er komponierte Liedtexte und dirigierte bei der Premiere. Von einer Habsburger-Revue erwartet man keine Ideengeschichte. Konservative, die es in das Musical verschlägt, sollten sich darauf einstellen, dass mit dem Erzhaus rüde umgesprungen wird. Auch anderswo zieht man Herrscher, Mächtige durch den sprichwörtlichen Kakao, man denke an „Spitting Image“ oder die Komprimierung von Shakespeares Königsdramen unter dem Titel „Schlachten“ fürs Theater (Salzburger Festspiele 2000).

Majestätsbeleidigung ist nicht das Hauptproblem der „Habsburgischen“. Sie wollen eine beißende Satire sein, sind aber meistenteils nur ein Aufguss von Klischees. Das fängt schon mit dem Hauptschauplatz, der Kapuzinergruft an, in der eine Bedienerin, die für die Touristen die Särge säubert, auf Kaiserin Maria Theresia trifft, die sich beschwert, dass der Aufzug nicht funktioniert.

Der Galopp durch die Geschichte erfolgt keineswegs chronologisch, man hüpft zwischen den Jahrhunderten hin und her. Die Musik („Wie Böhmen noch bei Öst'reich war“) ist schlicht, die Texte sind einprägsam („Ich bin Putzfrau für die Kapuzinergruft, viel lieber wär ich oben in der Luft“). In immer grelleres Scheinwerfer-Licht getaucht rasselt die kaiserliche Grottenbahn quietschend von Madrid nach Prag und Wien, von KarlV. zu Franz JosefI. KarlVI. bittet seine Spermien um einen Sohn. Beim Metzelsong werden abgesäbelte Arme, Beine, Motorsägen geschwungen. Ein Lockruf an jugendliche Besucher, z. B. Punks?

Warum soll man sich diesen „Käse“ anschauen? Es gibt nur einen Grund. Die VBW haben eine ansehnliche Truppe an guten bis exzellenten Sing-Schauspielern zusammengetrommelt, die nichts von der Gelacktheit, Sterilität dieses Gewerbes haben: Sigrid Hauser gefällt als pfiffige Putzfrau, Anwältin der Werktätigen („Ich bin kein Dienstbote!“), Maria Happel als bodenständige Maria Theresia, Delia Mayer als Johanna die Wahnsinnige, sehr sexy, Sascha Oskar Weis als Philipp der Schöne, sehr schön.

Überdrehte Regie

Alexander Waechter erledigt mit Grandezza die Skurrilen, Tattrigen oder Weltfremden. Alle Akteure spielen mehreren Rollen. Gewürdigt werden sie hier der Einfachheit halber für ihren besten Auftritt: Boris Eder beschert beinahe eine ergriffene Minute als Rudolf II. Roman Frankl ist ein beeindruckend unsympathischer Philipp II. – und wird als wilder Haudrauf Albrecht I. von seinem noch wilderen Neffen Johann Parricida (Raphael Johannes Kübler) erledigt. So adeln die Mimen in der überdrehten Regie von Stefan Huber ein Unternehmen, das sich dem Volkstümlichen eher peinlich anbiedert. Manche flohen in der Pause der mit zwölf Sequenzen überlangen Szenenfolge.

ERFOLG MIT NOSTALGIE

„Die Habsburgischen“, bis 16. Dezember im MQ, Informationen und Karten unter www.musicalvienna.at. „Die Weberischen“ mit Robert Meyer werden ab Mai 08 wieder in der Volksoper gespielt.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 22.10.2007)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.