Wozu braucht ein Minister ein Telefon?

Der Fall „Eurofighter“ zeigt, wie politisch effizient ökonomischer Unfug sein kann.

Wenn zutrifft, was derzeit verschiedene Militärexperten behaupten, so ist Verteidigungsminister Norbert Darabos in seinen Verhandlungen mit dem EADS-Konzern das Kunststück gelungen, für ein Maximum an Steuergeld ein Minimum an militärischer Leistung einzukaufen.

Denn offenkundig konnten die von ihm ausverhandelten Einsparungen beim Kauf der EADS-„Eurofighter“ – abgesehen von der Verminderung der Stückzahl – in Wirklichkeit vor allem dadurch erzielt werden, dass die an sich hochmodernen Kampfjets nur noch in einer bis aufs Gerippe abgemagerten Fassung erworben werden. Eingespart wird jede Menge avancierter Technologie, die dem Piloten hilft, auch unter widrigen Bedingungen seine Mission möglichst schnell, aus möglichst großer Entfernung und mit möglichst geringem Risiko zu erfüllen.

Mit dem Ergebnis, dass die verbliebenen „Eurofighter“ etwa in der Nacht nicht viel mehr ausrichten können als ihre Uralt-Vorgänger vom Typ Draken, wie etwa der hiesige Korrespondent der renommierten Militär-Zeitschrift „Janes Defense Weekly“ aufzeigt.

„Was kostet die Welt“ als Motto der Typenauswahl, aber dann „Geiz ist Geil“ bei der Ausstattung: Das ist ungefähr so vernünftig, als würde die Polizei ihren Fuhrpark zwar auf Porsche umrüsten, aber aus Kostengründen dabei auf Scheinwerfer, Blaulicht und eine Funkverbindung verzichten.

Was Darabos da freilich entwickelt hat, ist eine bestechende, aber durchaus noch ausbaufähige Methode zur Kostensenkung im Verteidigungsressort. Warum brauchen die dort im Ministerbüro denn eigentlich Telefone? Warum kann man dort nicht die Heizungsanlagen ausbauen und die Energiekosten senken? Wozu brauchen Soldaten Uniformen, wo sie sich doch bei H&M preiswerter und kleidsamer einkleiden könnten, vor allem jetzt im Ausverkauf? – Einsparunspotenziale, so weit das Heeres-Radar reicht (zumindest solange das Heer noch den dafür benötigten Strom bezieht, worüber ja eigentlich auch einmal nachgedacht werden sollte).

Zu Darabos Entlastung muss angeführt werden, dass eine derart kostenmaximierende und effizienzminimierende Art des Steuergeld-Ausgebens weder Privileg seines Ressorts noch seiner Partei ist. Auch Autobahnen oder Krankenhäuser werden hierzulande ja nicht immer so gebaut, dass dem Steuerzahler möglichst viel Nutzen für möglichst wenige Euro entsteht – sondern in vielen Fällen so, dass der politische Gewinn und nicht die ökonomischen Effizienz optimiert werden.

Für jeden Kenner des österreichischen Wesens ist daher naheliegend, wie der Beschaffungsvorgang „Eurofighter“, der ja auf mehr als 40 Jahre angelegt ist, vermutlich weitergehen wird. Weil es nicht rasend viel Sinn macht, die Jets langfristig im nun eingekauften, arg abgenagten Zustand zu belassen, werden sie wohl im Verlauf der Jahrzehnte auf ein vernünftiges State-of-the-art-Niveau nachgerüstet werden.

Das wird zweifellos um einiges teurer werden, als jetzt gleich Flieger in Vollausstattung zu kaufen – hat aber für Darabos den erheblichen politischen Vorteil, einen Teil der unpopulären Ausgaben seinen Nachfolgern umhängen zu können. Ökonomisch ist das verrückt, politisch freilich durchaus effizient.

Christian Ortner ist Journalist in Wien.


christian-ortner@chello.at("Die Presse", Print-Ausgabe, 27.07.2007)

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