Ausländer erwünscht!

Eigentlich sollte hier wieder heftigst Kritik geübt werden.

Dieselben Stadtpolitiker, die gestern noch hochtrabend Versprechungen abgegeben haben, wirksame Schritte gegen den Klimawandel einzuleiten, entscheiden exakt konträr. Im Wohnausschuss des Gemeinderats werden große Flächen in Rothneusiedl an Frank Stronach verkauft, damit er zum Schaden der urbanen Nahversorgung ein (weiteres) riesiges Einkaufszentrum bauen kann. Und weil – verständlicherweise – in derartige Shopping-Komplexe am Rande der Stadt niemand mit öffentlichen Verkehrsmitteln hinfahren möchte, muss ein Parkplatz für ca. 8000 Stellplätze errichtet werden. Das heißt Klimaschutz in der Praxis.Aber noch ist das letzte Wort noch nicht gesprochen, noch gibts keine Widmung, und der lokale Widerstand wächst beträchtlich. Übrigens: Wo ist hier die Wirtschaftskammer?

Aber seien wir auch ein bisschen positiv eingestellt, und loben die Stadt für ihr Universitätskonzept. Eine Reihe von Standorten wurde penibel untersucht und bewertet. Ob beim neuen Hauptbahnhof oder im 22. Bezirk (Flugfeld Aspern): Es ist positiv, wie viele Orte in der Stadt geeignet wären, wachsende Universitäten aufzunehmen. Was aus der Stadtspitze fehlt, ist ein klares Bekenntnis, dem auch Taten folgen: Wachsende qualitätsvolle Universitäten sind zentrales Lebenselixier der Stadt. Abseits des Faktums, dass Österreich nicht Deutschlands Ausbildungsprobleme auffangen kann, müsste laut gesagt werden: Mehr Student(inn)en aus allen möglichen Ländern sollen in Wien studieren. Würde nur ein kleiner Teil der wirtschaftlichen Zuwendung, die dem Städtetourismus zufließt, dem Aufbau Wiens als international angesehene Uni-Stadt gewidmet werden: Wir könnten jubeln.

Es ist absurd: Touristen werden adoriert, vor internationalen Studierenden herrscht Abwehr und Angst. Her mit ihnen! Her mit ihrer Innovationskraft und ihrer urbanen Lebensfreude. Sie können wirtschaftlich, aber vor allem kulturell entscheidend das Antlitz Wiens prägen.

Der Stadt obliegt hierbei vor allem die Aufgabe, für ausreichenden und günstigen Wohnraum zu sorgen. Ein paar Zehntausend Studierende mehr könnten Wien viel Weltoffenheit verschaffen. Wer das bezahlen soll? Köpfe sind wichtiger als Löcher in die Erde zu buddeln. Allein der Koralmtunnel verschlingt vier Mrd. €. Damit ließen sich die Unis ein Weilchen vergrößern.


chorherr.twoday.net("Die Presse", Print-Ausgabe, 12.02.2007)

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