Die Dummheit der Klimaanlage

Die Klimaanlage ist schlicht der Ausweis unintelligenter Bauweise.

Man sitzt den ganzen Tag im Büro und arbeitet. Soll und möchte sich auf seine Arbeit konzentrieren. Nur, es geht nicht. Denn: Es zieht; permanenter kalter Hauch zieht durch den Raum. Manchmal tropft es und außerdem surrt es penetrant. So gerne würde man das verfluchte Ding einfach abdrehen und – welch technische Innovation – einfach die Fenster öffnen. Aber entweder geht das gar nicht mehr, oder die Haustechniker, wie sehr wir sie hassen, erklären, dass man das nicht dürfe, denn „das bringe das ganze Klima durcheinander“.

Dass wir dauernd verkühlt sind, fröstelnd eine Jacke umgeworfen haben (dafür kühlen wir), scheint ihnen egal zu sein.

Und dann die Zimmerkollegen: Statt mit ihnen über das zu sprechen, dessentwegen wir angestellt sind, streiten wir über die Einstellung. Dem einen ist's noch immer zu heiß, der andere friert, dem dritten zieht's, eine endlose Schleife der Frustration.

Jede Epoche hat ihre Symbole. Der Stromverbrauch wächst und wächst, deswegen bauen wir immer mehr kalorische Kraftwerke, die immer mehr Treibhausgase in die Luft pusten. Nicht die unwichtigste Ursache: vollklimatisierte Büros. Klar müssen sie klimatisiert werden, denn wenn riesige Glasfassaden nach Süden weisen, übt man gleich im Kleinen den Treibhauseffekt.

Die Klimaanlage ist schlicht der Ausweis unintelligenter Bauweise, die Illusion, dass alles machbar ist, keine Rücksicht auf irgendetwas (z.B. die Himmelsrichtung) genommen werden muss, denn hinterher löst man das technisch. Derselben Geisteshaltung begegnet man in Gebäuden wie der Wirtschaftsuniversität Wien. Wozu braucht ein Hörsaal eigentlich Fenster? „Frischluft“ bringt die Klimaanlage. Licht? Wozu gibt's künstliche Beleuchtung?

Dass es anders, gleichzeitig menschenfreundlich und energieeffizient geht, zeigen (viel zu seltene) Einzelbeispiele: Abschattung der direkten Sonneneinstrahlung, massive Kerne, die Überhitzung abpuffern können, Deckenkühlungen, in denen Wasser fließt, Lüftung mittels „Nachtspülung“, d.h. die nächtliche kühlere Luft wird durchs Gebäude gelassen. Alles nicht ganz neu: Die meisten Altbauten sind massiv und hitzen sich nicht annähernd so auf, wie die meisten neueren Gebäude.

Klar braucht es Technik, aber anders als bisher verstanden: Techne hieß übrigens Kunst bei den alten Griechen. Technik als Kunst des besseren Lebens? Wäre doch eine Alternative zur dummen Klimaanlage?


chorherr.twoday.net("Die Presse", Print-Ausgabe, 18.06.2007)

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