Kaserne oder Schule?

Im lauten Getöse aus ideologischen Schützengräben, Stichwort „Gesamtschule“, werden einfache, auf der Hand liegende Verbesserungen der Schule kaum diskutiert.

Dazu zählt die Qualität des Schulgebäudes. Wenn Kinder in Zukunft den ganzen Tag in der Schule „leben“, dort lernen, spielen, essen, hoffentlich auch feiern, lesen, sich zurückziehen können, muss die Schule ein Ort sein, an dem man sich wohlfühlen kann.

Es ist unbegreiflich: Ein Großteil der Schulen im innerstädtischen Raum zeigt sich, auch wenn sie neu renoviert sind, in ihrer räumlichen Erscheinung als Kommandoschulen des 19. Jahrhunderts. Fahle Stiegenhäuser und Gänge, Klassen stereotyp aneinander gereiht. Man will rasch wieder raus. Schule: Ein Ort an dem man gerne lernt und lebt?

Etliche dieser eher an Kasernen erinnernden Gebäude haben entweder keinerlei Freiraum/Park/Spielfläche oder einen, der für einen Gefängnishof zu klein wäre. Doch die Qualität von Räumen, Freiflächen und Gebäuden hat gewaltige Auswirkungen auf das Leben derer, die sich darin aufhalten.

Warum spielt das in unserer Bildungsdebatte kaum eine Rolle? Warum werden nicht jene ellenlangen Vorschriften hinterfragt, die zwar auf den Quadratzentimeter den Schulbau normieren, aber „gute Orte“ eher verhindern als befördern? Warum gibt es nicht eine selbstverständliche Garantie, dass Frei- und Bewegungsräume zu einer Schule gehören müssen? Innerstädtisch gebe es zu wenig Platz?

Für Luxuswohnungen werden Dachgeschoße ausgebaut, überall wird die Erde für Autos aufgegraben, deren Unterbringung von größter gesellschaftlicher Wichtigkeit ist und deswegen auch hoch subventioniert wird. Wieso haut die Lehrergewerkschaft nicht auf den Putz, wo nahezu alle ihre Forderungen verstehen würden: Jedem Lehrer ein Minimum an Arbeitsplatz, statt den Zwang sich zu Dutzenden das enge Konferenzzimmer teilen zu müssen.

Wer diesen Um- und Ausbau finanzieren soll? Ein Bruchteil jener Mittel, die für Straßen und Tunnelprojekte selbstverständlich locker gemacht werden, reicht ebenso, wie kleine Teile der Wohnbauförderung. Das Wichtigste aber: eine breite öffentliche Debatte über die Qualität von Schulgebäuden.


chorherr.twoday.net("Die Presse", Print-Ausgabe, 02.07.2007)

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