K.I.T.T. „lebt“ am Neusiedler See weiter

Ein 22-jähriger Burgenländer als Knight Rider: Seit fünf Jahren bastelt Wolfgang Unger an seinem sprechenden Nachbau des einstigen TV-Wunderautos K.I.T.T.

Wallern.Die erste Ausfahrt endete beinahe mit einer Katastrophe. Pontiac Firebird gegen pannonischer Feldhase – nur eine Vollbremsung verhinderte damals eine folgenschwere Kollision. „Das war ziemlich knapp“, erinnert sich Wolfgang Unger an die Premieren-Ausfahrt.

Um 5500 Euro hatte er anno 2002 den Wagen im Nachbarort gebraucht erstanden. Mächtige 140 PS, schnittiges Design, tief liegende Sitze, pechschwarzer Lack, glitzernde Felgen, ein 18-Jähriger hinterm Sportlenkrad...

Und trotzdem passt im konkreten Fall so gar nichts ins klassische Klischee von quietschenden Reifen, stampfenden Bassboxen und spätpubertärem Gejohle vor nächtlichen Dorfdiscos.

Viele Jahre harte Arbeit

Sein Auto sei nämlich „mehr zum Anschauen als zum Fahren“, begründet Unger. Was man zu sehen bekommt, ist ein originalgetreuer Nachbau des legendären K.I.T.T., jenem sprechenden, denkenden und springenden (Turboboost!) Wunderwagen, der in den 1980ern und 90ern von Michael Knight (David Hasselhoff) auf abenteuerlustige Weise und in der TV-Serie Knight Rider durchs Vorabendprogramm pilotiert wurde. Der Austro-Knight heißt Wolfgang Unger und kommt aus Wallern, dem „Gemüsegarten des Burgenlands“, wie die Ortstafel der Seewinkel-Gemeinde verrät.

Hier, östlich des Neusiedler Sees, wo Österreich in der ungarischen Tiefebene zerfließt und auf den Straßen zwischen Alleen von Gewächshaustunnels knatternde Traktoren Heimvorteil besitzen, bastelt Unger seit fünf Jahren an seinem Bubentraum: Einem Retorten-Zwilling des automobilen TV-Stars. Jede Minute Freizeit steckt der 22-jährige Computerprogrammierer in sein ungewöhnliches Hobby. Das Ergebnis kann sich sehen lassen. Und hören. „Umgebung scannen, Kumpel“, befiehlt Unger seinem Vehikel. „Scan abgeschlossen. Ich habe nichts Ungewöhnliches gefunden“, antwortet wenig später eine Computerstimme aus dem Cockpit.

„Alles deaktiviert, Kumpel!“

Ja, dieses Auto kann sprechen! „Systeme initialisieren, Kumpel“, sagt Unger. Am Armaturenbrett, auf der Mittel- und Überkopfkonsole beginnen Legionen von Kontrolllampen zu leuchten, das in der Motorhaube integrierte, alarmrote Lauflicht schaltet sich ein, der typische Scannerton wird aktiviert. „Alle Systeme aktiviert“, verkündet die Computerstimme Einsatzbereitschaft. „Sperr' die Türen auf, K.I.T.T.!“, „Schalte die Lichter ein!“ – und das Auto tut's. Das neben dem Rückspiegel eingebaute Mikrofon und das selbst entwickelte Spracherkennungsprogramm sind mittlerweile derart sensibilisiert, dass es auch dann reagiert, wenn man neben dem Auto ein ganz
normales Gespräch führt. „Nichts zu danken“, schnarrt die Computerstimme plötzlich, oder „Alles deaktiviert, Kumpel!“ „Ein kleiner Bub hat sich einmal über eine Viertelstunde mit dem Auto unterhalten“, erinnert sich Unger, der hinter dem Wagen stehend eingespeicherte Standardantworten wie „Ja“ oder „Nein“ via Bluetooth-Schnittstelle seines Handys an den im Kofferraum versteckten Computer mit Ein-Gigahertz-Prozessor sendete.

Derart gefinkelte Technik hat mittlerweile nicht nur Ungers Arbeitskollegen überzeugt, sondern auch die eingeschworene Fangemeinde und per Internet vernetzte Replika-Comunity weltweit. Fast täglich erhält er Lob, Anerkennung und Anfragen, wie was wo in seinem K.I.T.T. genau funktioniert. „Das hätte ich mir nie gedacht“, wundert sich Unger.

Knapp 13.000 Euro hat er bisher in die Aufrüstung des Wagens investiert. Die Einzelteile sind Nachbauten oder Pontiac-Originale, wobei „die schwer zu bekommen sind, weil dieser TransAm nur zwei Jahre produziert wurde“ (Unger).

Und so wird weltweit gesucht und gekauft: Das von Leuchtdioden umrahmte Gaspedal kommt aus den USA, die Armaturen und das hornförmige Lenkrad aus den Niederlanden, die Rücklichter, Sitze und Felgen aus Kanada, die Radkappen aus Mexiko, die Motorhaube ist ein Fiberglasnachbau aus Österreich.

2000 km in fünf Jahren

„Wolfgang, bitte wirf einen Blick auf meinen Monitor“, meldet sich die Computerstimme aus dem Cockpit plötzlich – sympathischer Hilferuf, dass irgendetwas mit dem System nicht stimmt. Unger blickt auf den über dem Schalthebel eingebauten Minimonitor und hämmert neue Befehle in die unter dem Fahrersitz griffbereit liegende Computertastatur. Manchmal hapert es nur an der Stromversorgung, denn wenn alle Funktionen aktiviert sind, reicht die Autobatterie gerade einmal für eine halbe Stunde. Deshalb soll jetzt eine zweite im Kofferraum für mehr Durchhaltekraft sorgen, wenn Unger im Auto sitzt und sich Teile seiner selbstverständlich vollständigen DVD-Knight Rider-Sammlung ansieht.

Tatsächliches Fahren bleibt in diesem Auto wichtigste Nebensache. Nur 2000 Kilometer hat Unger in den vergangenen fünf Jahren mit seinem K.I.T.T. zurückgelegt. „Cruisen“ nennt er das – auch wenn es nur die endlichen Breiten burgenländischer Feldwege statt die endlosen Weiten amerikanischer Highways sind.

Inline Flex[Faktbox]("Die Presse", Print-Ausgabe, 11.04.2007)

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