Ein Ort wartet auf den Papst – vergeblich

(c) APA (Gert Eggenberger)
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Reportage: Benedikt XVI. kam dann doch nicht. Enttäuschung in Maria Luggau.

Maria Luggau. Gegen 14.30 Uhr begannen sich gestern, Dienstag, die Gruppen der Schaulustigen entlang der Bundesstraße im Kärntner Wallfahrtsort Maria Luggau aufzulösen. Seit dem frühen Morgen hatten Einheimische und internationale Gäste auf das Eintreffen des Papstes – „Die Presse“ berichtete – gewartet.

Immer wieder hatten neue Meldungen die Runde gemacht: Zu Beginn hieß es, der päpstliche Helikopter sei östlich von Luggau im Weiler Liesing gelandet, Benedikt XVI. werde mit einer Limousine in die Basilika gebracht. Auf Motorrädern durch den Ort brausende Polizisten nährten das Gerücht. Als dann noch der blaue Hubschrauber des Innenministeriums auftauchte, waren die Schaulustigen sicher: „Jetzt kommt er.“ Sicher.

Doch dann die erste Enttäuschung. Hohe Polizeibeamte, die in einer schwarzen Limousine vorgefahren waren, brachten die schlechte Nachricht: „Der Papst kommt nicht, es sind zu viele Menschen da, zu viele für einen privaten Besuch.“ Aber schnell wich die Enttäuschung wieder, die sich breit gemacht hatte. Aus Tilliach im nahe gelegenen Osttirol hatten Beobachter per Handy berichtet, der vatikanische Hubschrauber sei gelandet. In Begleitung einer Carabinieri-Eskorte sei der Papst unterwegs ins Lesachtal. Da war es zirka 11.45 Uhr.

Die Trachtenmusikkapelle Maria Luggau zog unter Trommelwirbel vom Gemeindeamt hinauf zur Basilika, eine aufgeregte Menschenmenge hinterher. Mittlerweile war es auch in 1200 Metern Höhe sehr heiß geworden, die Musikanten schwitzten in ihren Loden-Trachten. Doch bald schon machte sich – wieder – Unsicherheit breit unter den Wartenden vor dem Kirchentor mit den päpstlichen Insignien. Denn die Einheimischen wissen, dass auch bei langsamer Fahrt ein Pkw höchstens eine halbe Stunde für die Fahrt braucht. Und die war längst verstrichen.

Schaulustige aus Irland, Italien

Als die Letzten immer noch den Himmel nach fliegenden Punkten absuchten und jedes Traktor-Geknatter als das Herannahen eines Hubschraubers interpretierten, machte eine Nachricht aus Wien die Runde. Die anwesenden Journalisten hatten via Innenministerium erfahren, dass der Papst diese Woche „sicher nicht“ nach Maria Luggau kommen werde. Dementis auch aus dem Vatikan. Die Enttäuschung ist natürlich groß.

Denn die 300 Bewohner des Wallfahrtsortes hatten ihre Häuser mit Blumen geschmückt und beflaggt, um den hohen Gast ehrenvoll zu empfangen. Im Devotionalen-Stand vor der Basilika hatte die Frau des örtlichen Spar-Kaufmanns die Kerzen mit dem Antlitz des Papstes eigens in die vorderste Reihe platziert. Damit hat sie offensichtlich genau den Geschmack der vielen „Schlachtenbummler“ getroffen. Die Papstfans deckten sich zuhauf mit den kitschigen Andenken ein, unter ihnen ein katholischer Ire, der von seinem Osttiroler Urlaubsort herauf nach Luggau gekommen war. Und ein Bewohner aus Cortina d'Ampezzo der erzählte, er habe sich schnell ins Auto gesetzt und sei ins Lesachtal gefahren, als er im Radio die Meldung vom Papstbesuch gehört hatte.

Dann vielleicht nächste Woche?

Die Enttäuschung ins Gesicht geschrieben stand Günther Seiwald, dem Obmann der Trachten-Musikkapelle Maria Luggau. Er hatte seine Musikanten davon abhalten müssen, früh morgens hinauf auf die Berghänge zu steigen, um Heu zu machen: „Die wollten das schöne Wetter ausnutzen.“ Dem Papst zuliebe sind sie im Tal geblieben.

Viele von ihnen waren 1987 schon dabei, als die Musikkapelle Johannes Paul II. ihre Aufwartung machte. Damals hatte das Land Kärnten dem Vatikan einen Christbaum aus dem Lesachtal spendiert. Bei der Aufstellung vor dem Petersdom ließen die Musiker ihre Instrumente erklingen.

Umsonst gewartet hat gestern auch Christian Lugger, der Hirte der Guggenberger Alm. Er war tags zuvor ins Tal gekommen, um sich mit Lebensmitteln einzudecken. Als er hörte, dass der Papst auf Besuch kommen soll, hat er die Rückkehr auf die Alm kurzfristig verschoben. Weil: „Der Papst und ich sind ja Kollegen: Ich bin der Hirte der Rinder auf der Alm, der Papst ist der Hirte der Menschen auf Erden.“ Der Papst soll übrigens eventuell nächste Woche – laut Innenministerium sei dies „gut möglich“ – nach Maria Luggau kommen, wenn ihn nicht so viele Neugierige und Medienvertreter erwarten.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 18.07.2007)


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