EU-Verfahren: Flughafen-Bauten werden geprüft

(c) APA (Herbert Pfarrhofer)
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Klage. SP-Staatssekretärin Kranzl will bisherige Erweiterungen des Airports unter die Lupe nehmen lassen, um Klage abzuwenden.

WIEN.Ein EU-Verfahren gegen Österreich wegen des Flughafens Wien-Schwechat kommt in die entscheidende Runde. Das Verkehrsministerium will sämtliche baulichen Maßnahmen der vergangenen Jahre prüfen lassen, die der Flughafen gesetzt hat. Das ist der Kern eines Vorschlags von SP-Staatssekretärin Christa Kranzl, der nun in Brüssel geprüft wird.

Konkret geht es um eine Beschwerde von Fluglärmgegnern. In deren Fokus steht allerdings nicht der Lärm, sondern die Maßnahmen, mit denen die Kapazitäten des Airports verbessert und de facto erweitert worden sind – ohne dass eine Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) durchgeführt worden ist. Diese Maßnahmen – Tower, Air Cargo-Center, Parkplatzflächen und -häuser, Büro- und Konferenzflächen – hätten die Basis für den Boom des Flughafens gelegt und damit auch für den Lärm, so die Argumentation der Fluglärmgegner. Der Flughafen hat heute dreimal so viele Passagiere wie zu Beginn der 1990er Jahre.

Die endgültige Entscheidung, so hieß es am Dienstag in der Kommission, werde allerdings erst im Oktober fallen. Entweder kommt es zu der Klage beim EuGH oder das Verfahren wird eingestellt. Ursprünglich hätte die Kommission den Fall schon Anfang Juli behandeln sollen. Das Thema ist aber kurzfristig von der Tagesordnung genommen worden, nachdem kurz zuvor eine offizielle und ausführliche Stellungnahme der österreichischen Regierung in Brüssel eingelangt war.

„Abseits jeder Realität“

Im Gespräch mit der „Presse“ sagt Kranzl zu dem Verfahren in Brüssel: „Wir haben einen Lösungsvorschlag ausgearbeitet. Der wird jetzt von der Kommission geprüft.“ Bisher gebe es keine offizielle Stellungnahme aus Brüssel, „deshalb kann ich noch keine Details dazu öffentlich machen.“

Soviel ist allerdings klar: Kernpunkt des „Kompromissvorschlags“ (Kranzl) ist, dass bei sämtlichen Maßnahmen, die am Flughafen gesetzt worden sind, untersucht wird, ob sie im Einklang mit EU-Recht gewesen sind. Unklar ist jedoch, welche Konsequenzen es haben kann, wenn im Nachhinein rechtliche Lücken festgestellt werden sollten.

Für die geplante dritte Start- und Lande-Piste gilt diese Überprüfung nicht: Der Flughafen Wien hat, wie berichtet, im Frühjahr die Umweltverträglichkeitserklärung abgegeben – und damit den offiziellen Startschuss für das UVP-Verfahren.

Staatssekretärin Kranzl meint weiter, dass die „Vorgangsweise mit dem Bundeskanzleramt abgestimmt“ sei. Sie streicht die wirtschaftliche Bedeutung des Flughafens heraus und lobt dessen Engagement. Mit dem Mediationsverfahren sei eine „Initiative gesetzt worden, die ihresgleichen sucht“.Und: „Ich habe jede Beschwerde von Fluglärmgegnern prüfen lassen“, versichert die Politikerin. In 80 Prozent der Fälle gebe es keinen Verstoß gegen behördliche Auflagen. Andererseits wolle sie die Beschwerden „auch nicht bagatellisieren“, so Kranzl: „Es ist ein sehr sensibler Bereich“; man müsse Beschwerden Raum geben.

Einer im Vorjahr in die Diskussion gebrachte Verlegung des Flughafens erteilt die Staatssekretärin jedoch eine deutliche Abfuhr: „Das ist abseits jeder Realität.“

INFO: Klage bei EU

Fluglärm-Gegner haben eine Beschwerde bei der EU eingebracht. Kern des Vorwurfs: Die Kapazität des Wiener Airports wurde erweitert, ohne dass eine Umweltverträglichkeitsprüfung durchgeführt wird. Das verstoße gegen EU-Recht, so der Vorwurf. Die Kommission in Brüssel entscheidet im Oktober formell, ob Österreich angeklagt wird. Bis dahin wird verhandelt.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 22.08.2007)

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