Vereitelter Anschlag: War Täter Islamist?

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US-Botschaft. Verdächtiger könnte Kontakt mit Wiener Moschee haben, die unter polizeilicher Beobachtung steht.

WIEN. Die Hinweise verdichten sich, dass der Anschlagsversuch auf die US-Botschaft in Wien am Montag einen radikal-islamistischen Hintergrund hat. Zwar heißt es bei der Polizei, dass man derzeit noch keine Anhaltspunkte dafür habe, doch gibt es dafür ein starkes Indiz, nämlich das Buch „Namaz u Islamu“, das der Verdächtige neben Handgranaten, Sprengstoff und Nägeln in seinem Rucksack mit sich führte.

Der Autor der in bosnischer Sprache verfassten, rund 200 Seiten starken und sehr detaillierten Anleitung zum Gebet, vertritt die strenge wahhabitische Richtung des Islam, wie sie etwa in Saudiarabien zu finden ist. Unter anderem ist er der Ansicht, dass das Auslassen eines Gebets zum Abfall von der Religion führt.

Zudem ist im Impressum des Buches die Adresse einer Wiener Moschee angeführt, die eine fundamentalistische Auslegung des Islam vertritt. Die vor allem von Bosniern besuchte Gemeinde arbeitet auch nicht mit der Islamischen Glaubensgemeinschaft zusammen und steht dem Vernehmen nach bereits unter Beobachtung des Verfassungsschutzes.

1: Wie groß war die Gefahr für die US-Botschaft wirklich?

Der zuletzt in Tulln lebende Bosnier Asim C. (42) trug in seinem Rucksack laut Polizei Sprengstoff, Zündmittel und zwei Handgranaten, von denen allerdings die Zünder herausgeschraubt waren, mit sich. Zusammen mit den Nägeln im Rucksack hätte eine Detonation eine verheerende Wirkung gehabt. In der Wohnung von C. stellte die Polizei bei einer Hausdurchsuchung außerdem weiteren Sprengstoff – angeblich bis zu einem halben Kilo – sicher. Dabei soll es sich um Plastiksprengstoff aus dem ehemaligen Jugoslawien handeln. Gefunden wurde auch eine CD oder DVD, über deren Inhalt noch nichts bekannt ist.

2: Wie verantwortet sich der Hauptverdächtige?

Bisher konnten die Ermittler bei den Einvernahmen noch nicht viel aus dem Mann herausbringen. Er mache verwirrte Angaben, über eine Motiv spricht er nicht. Die Polizei bestätigte, dass Asim C. in den vergangenen Jahren „zeitweise in psychiatrischer Behandlung“ gewesen sei.

3: Welche Rolle spielt der zweite Verdächtige?

Die Rolle des 34-jährigen Arbeiters Mehmed D. – ebenfalls aus Bosnien stammend und in Tulln lebend – ist noch weitgehend ungeklärt: C. gab an, von ihm zur Tat aufgefordert worden zu sein. Auch den Rucksack soll er von ihm erhalten haben. D. wurde noch Montagabend von der Antiterroreinheit „Cobra“ vor dem Betreten seines Hauses festgenommen. Bei einer anschließenden Hausdurchsuchung wurden allerdings keine Gegenstände gefunden, die mit der Tat vor der US-Botschaft in Zusammenhang stehen. Allerdings ist D. bei der Polizei nicht gänzlich unbekannt: Er war schon einmal im Zuge einer einschlägigen kriminalpolizeilich-technischen Maßnahme aktenkundig geworden. Strafrechtlich lag gegen ihn bislang allerdings nichts vor.

4: Wie gehen die Ermittlungen nun weiter?

Die Ermittlungsarbeit läuft auf mehreren Schienen: Einerseits versuchen die Beamten, Licht in die Hintergründe der Tat zu bringen. Neben der genauen Analyse der bei der Hausdurchsuchung sichergestellten Gegenstände wird auch ein Telefonanruf eine besondere Rolle bei den Befragungen spielen, den C. vor seinem Auftauchen bei der Botschaft getätigt hat. Er hatte nämlich schon einmal telefonischen Kontakt mit den US-Behörden in der Botschaft. Inwieweit der als „verwirrt“ beschriebene Mann Angaben zu seinem Motiv machen wird, ist noch unklar. Auf einer anderen Schiene ergründen Sprengstoffexperten, welche Arten von Sprengmitttel der Verdächtige in seinem Rucksack trug, in seinem Haus aufbewahrte und auf welche Art es ihm möglich gewesen wäre, diese zur Sprengung zu bringen.

5: Was wird dem Hauptverdächtigen genau vorgeworfen?

Die Polizei erstattete Anzeige. Der Verdacht geht in Richtung „vorsätzliche Gefährdung durch Sprengmittel“ und „Vorbereitung eines Verbrechens durch Sprengmittel“. Strafrahmen: 1 bis 10 Jahre.

WAS GESCHAH

Montagmittag versuchte ein 42-jähriger Bosnier mit einem mit Sprengstoff und Handgranatengefüllten Rucksack in die US-Botschaft zu gelangen. An der Sicherheitsschleuse flüchtete er, in der nahen Pfluggasse warf er den Rucksack weg, kurz darauf wurde er festgenommen.

In den späten Abendstunden wurde ein zweiter Verdächtiger, ebenfalls ein Bosnier, festgenommen. Der 42-Jährige beschreibt ihn als „Auftraggeber“.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 03.10.2007)

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