Spionageprozess: Angeklagter aus U-Haft entlassen

Verhandlung um kasachische Geheimoperation erneut vertagt.

WIEN (m.s.). Knalleffekt im Spionageprozess: Der aus Kasachstan stammende Kaufmann Ildar A. (61) – er besitzt die österreichische Staatsbürgerschaft – wurde nach mehreren Monaten in U-Haft auf freien Fuß gesetzt. Er soll als kasachischer Spion an einer (letztlich misslungenen) Entführungsaktion beteiligt gewesen sein – indem er jene drei Männer unterstützt habe, die 2008 in Wien den kasachischen Ex-Geheimdienstchef Alnur Mussajew in ein Auto drängen und in die kasachische Botschaft befördern wollten. Ildar A. bestreitet das.

Da das Gericht hinsichtlich der Anklagepunkte „Überstellung an eine ausländische Macht“ und „nachrichtendienstliche Tätigkeit zum Nachteil der Republik Österreich“ keinen dringenden Tatverdacht mehr sah, wurde Ildar A. enthaftet. Er musste geloben, eventuelle Änderungen seiner Adresse dem Gericht unverzüglich bekannt zu geben, seinen Reisepass musste er abgeben.

Entführungsversuch?

Der Fall ist im Zusammenhang mit einem anderen mutmaßlichen Entführungsversuch zu sehen: Rakhat Alijew, der in Ungnade gefallene frühere Schwiegersohn des kasachischen Präsidenten Nursultan Nasarbajew, sollte laut Anklage ebenfalls gewaltsam von Österreich in seine Heimat gebracht werden. Kasachstan hatte Alijew in Abwesenheit wegen angeblicher Entführung zweier Banker verurteilt und dessen Auslieferung begehrt. Österreich – hier war Alijew als Botschafter tätig – lehnte ab. Begründung: In Kasachstan sei kein faires Verfahren sichergestellt. Alijew und Ex-Geheimdienstchef Mussajew waren Vertraute. Mittlerweile dürfte sich Letzterer mit Kasachstan arrangiert haben. Am Freitag sprach er als streng bewachter Zeuge von „produktiven Kontakten“ mit der kasachischen Regierung. Die Verhandlung wurde auf unbestimmte Zeit vertagt.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 10.10.2009)

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