IRPA-Direktor Sarikaya beklagt eigenmächtige Entscheidungen von Anas Schakfeh. Sarikayas Vorwurf: Die Stellen werden nicht nach objektiven, sachlichen Kriterien besetzt, Präsident Anas Schakfeh entscheide allein, unkoordiniert und eigenmächtig.
WIEN. „Unter den bestehenden Zuständen habe ich kein Interesse an einer weiteren Zusammenarbeit.“ Erst im Oktober wurde Yasar Sarikaya zum Direktor der Islamischen Religionspädagogischen Akademie (IRPA) – der Ausbildungsstätte der Religionslehrer für den Pflichtschulbereich – bestellt, nun wirft er bereits das Handtuch. „Meine Bedingung war, eine moderne islamische Religionspädagogik entwickeln zu können“, sagt er. Gerade Österreich, wo der Islam anerkannt ist, könnte hier eine Vorbildfunktion haben.
Doch bei seinen Versuchen, die Ausbildung der islamischen Religionslehrer zu reformieren, sei er gegen eine Wand gelaufen. Besonders eklatant sei das beim Personal gewesen. So sei ein wichtiger Posten, nämlich die schulpraktische Studien, mit einer Person besetzt worden, die weder eine theologische noch eine pädagogische Ausbildung hat – sondern einen Abschluss in Wirtschaftswissenschaften. Die von ihm vorgeschlagenen Kandidaten seien vom Schulerhalter, der Islamischen Glaubensgemeinschaft in Österreich (IGGiÖ), ignoriert worden.
Sarikayas Vorwurf: Die Stellen werden nicht nach objektiven, sachlichen Kriterien besetzt. Präsident Anas Schakfeh entscheide allein, unkoordiniert und eigenmächtig – nach politisch-pragmatischen Kriterien. Dass der als Reformer geltende Deutsch-Türke bestellt wurde, sei auch nur darauf zurückzuführen gewesen, dass der eigentlich gewünschte Kandidat abgesagt hätte. „Schon am ersten Tag hat mir eine Mitarbeiterin gesagt, dass ich nur für ein Jahr geholt wurde, um Unterschriften unter Dokumente zu setzen.“ Dementsprechend habe er wenig Möglichkeiten gehabt, Reformen umzusetzen – gegen ein „dogmatisches, indoktrinäres Theologieverständnis“, wie er es nennt – und wie es auf der IRPA verbreitet sei.
Schakfeh: „Rachefeldzug“
IGGiÖ-Präsident Anas Schakfeh will die Vorwürfe über die Besetzung wichtiger Posten nicht näher kommentieren. Persönlich und als Gemeinschaft habe man kein Problem mit dem Direktor, doch habe es in der IRPA andauernde Unstimmigkeiten zwischen ihm und einer leitenden Funktionärin gegeben, die die gesamte Anstalt in den letzten Monaten gelähmt hätten. Wegen dieser Streitigkeiten habe Sarikaya nun eben einen Rachefeldzug gegen die Anstalt und die Gemeinschaft gestartet.
Der Entscheidung des Obersten Rats über eine Vertragsverlängerung wolle er nicht vorgreifen. Der Posten werde aber wieder ausgeschrieben – und auch der nächste Kandidat werde nur einen auf ein Jahr befristeten Vertrag erhalten. Denn „wir können keinen langfristigen Vertrag mit jemandem abschließen, den wir nicht kennen“.
Neue Verfassung
An anderer Front zeichnet sich indes ein Licht am Horizont ab: Die neue Verfassung der Glaubensgemeinschaft soll am Samstag im Schurarat beschlossen werden. Die längst fälligen Neuwahlen sollen dann, so Schakfehs Wille, „hoffentlich vor Ende des Jahres“ beginnen. Der nächste Präsident dürfte aber erst 2010 feststehen – „bis dahin“, so der bereits amtsmüde Schakfeh, „muss ich mich gedulden, wider Willen“. Meinung S. 27
ZUR PERSON
■Yasar Sarikaya studierte Theologie und Pädagogik in Ankara und Bochum. 2008 wurde er Direktor der Studiengangs für das Lehramt für Islamische Religion an Pflichtschulen in Wien.
("Die Presse", Print-Ausgabe, 25.06.2009)