Wasserversorgung: Droht Italien neue Rekord-Dürre?

Nach einem viel zu warmen und trockenen Winter wird das Wasser knapp.

ROM.Das Getreide soll wachsen; der Wärme wegen ist alles einen Monat früher dran als üblich. Bereits in drei, vier Wochen müssten auch die Reisfelder Norditaliens geflutet werden. Aber womit? Der Po als größter Fluss des Landes hat selber Durst. Mehr als ein Drittel seines Frühjahrswassers fehlen ihm heuer; statt 1320 Kubikmetern pro Sekunde führt er nur 870.

Steine, Abfall, Schlamm schauen dort heraus, wo sich um diese Jahreszeit ein breiter, brauner Strom in Richtung Adria wälzen müsste. Und aus den Bergen kommt kaum etwas nach: Nur einen ordentlichen Schneetag hat es in den ersten beiden Monaten 2007 in den Alpen gegeben; und das, was auf den Höhen als „Reservoir“ hätte dienen sollen, ist großteils schon dahingeschmolzen.

Noch schlechter als dem Po geht es den nächstgrößeren Flüssen Italiens: dem Arno und dem Tiber. Deshalb schlagen jetzt der Umweltausschuss des Parlaments und der Bauernverband Alarm. Zusammen mit dem Zivil- und Katastrophenschutz, so fordern sie, solle die Regierung umgehend den Notstand erklären und ein nationales Krisenprogramm ausarbeiten, bevor es wieder zu einem Desaster wie im Hitzesommer 2003 komme.

Wein oder Mais anbauen?

Wie also soll das spärliche Wasser dieses Jahr verteilt oder rationiert werden? Wer muss sparen und wann? Ermete Realacci, der Ausschussvorsitzende im Parlament, hat bereits angeregt, beim notwendigen Bewässerungsplan die „Qualitäts-Landwirtschaft“ zu bevorzugen: „Zwischen den Weinen des Piemont und dem Mais wähle ich die ersteren.“

Der (praktisch nicht vorhandene) Winter 2006/07 war der wärmste in Italien seit 1804. Zehn andere allerdings gab es, die waren trockener. Nur lag damals auf den Alpen mehr Eis als Vorrat für den Sommer; und im Frühjahr regnete es stärker. Seit 1994 indes ist die jährliche Regenmenge kontinuierlich zurückgegangen; die Flüsse führen um 20 Prozent weniger Wasser.

Dies beeinflusst auch die italienische Energieversorgung. Flusskraftwerke oder Gas-Wärme-Kraftwerke, die gerade den Po zum Kühlen ihrer Turbinen anzapfen, kommen an die Grenzen ihrer Leistungsfähigkeit. Der nationale Energiekonzern Enel hat aufgrund des Wassermangels in Jänner und Februar bereits 20 Prozent weniger Strom produziert als geplant.

Auf lange Sicht hat die Regierung bereits reagiert, und es war das erste Mal seit langem, dass ein italienischer Ministerpräsident das Wort „Energiesparen“ in den Mund nahm. Mit spürbaren Steueranreizen will man nun die Verschwendung in Haus, Industrie und Verkehr bekämpfen. 2007, so bekräftigt die Regierung, werde „das Jahr der Wende“.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 08.03.2007)

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