Umwelt: EU als CO2-Schleuder

Wanderzirkus des Parlaments im Visier der Grünen.

Strassburg (pö/oli). Schluss mit dem Wanderzirkus des EU-Parlaments zwischen seinem (inoffiziellen) Hauptsitz und wichtigsten Arbeitsplatz Brüssel und Strassburg, wo die 785 Abgeordneten nicht einmal 50 Tage im Jahr zusammenkommen: Das forderten gestern, Mittwoch, länderübergreifend alle Grün-Abgeordneten des EU-Parlamentes.

Der Grund: Der Treck der 3000 bis 5000 Abgeordneten, Mitarbeiter, Assistenten und Journalisten hat einen eindeutig negativen Einfluss auf das Klima. Die monatliche Anreise aller Beteiligten per Flugzeug und der Lkw-Transport von 4000 Truhen mit Dokumenten seien für rund 20.000 Tonnen oder mehr der CO2-Emissionen in Europa verantwortlich, zitierten sie aus der ersten wissenschaftlichen Studie zu diesem Thema.

So viel wie 4000 Haushalte

In Auftrag gegeben worden war diese von den Grün-Abgeordneten Caroline Lucas und Jean Lambert. Für die österreichischen Grünen Eva Lichtenberger und Johannes Voggenhuber bedeutet das Ergebnis überhaupt nur „eine vorsichtigste Schätzung“.

Für Caroline Lucas steht damit fest, dass die zwei Parlamentssitze (neben einem dritten, kleineren in Luxemburg) die EU-Bürger nicht nur finanziell belasten – derzeit mit mehr als 200 Millionen Euro pro Jahr. Die 20.000 Tonnen CO2entsprächen der Menge, mit der 4000 Haushalte in London die Atmosphäre belasten oder die bei 13.000 Hin- und Rückflügen auf der Strecke London-New York anfalle, so die britische Abgeordnete Jean Lambert.

„Union wird unglaubwürdig“

Die drei Parlamentssitze – der ursprüngliche in Strassburg geht auf eine Absprache der EU-Gründerstaaten zurück – stünden heute „für alles, was in dieser EU falsch läuft“, so Lambert. Die Union werde dadurch auch in ihrem Kampf um mehr Klimaschutz unglaubwürdig.

Als „Sofortmaßnahmen“ fordern die Grünen, dass die Fahrzeuge in der EU durch umweltfreundlichere Autos ersetzt oder einzelne Delegationsreisen von Videokonferenzen abgelöst werden.

Eine Zusammenlegung der beiden Parlamentssitze ist jedoch nicht wahrscheinlich. Österreichs Außen-Staatssekretär Hans Winkler sagte der „Presse“: „Es wäre sicher vernünftig, den Verwaltungsaufwand zu reduzieren. Realistisch aber ist, dass das auf absehbare Zeit nicht zu erreichen sein wird.“

("Die Presse", Print-Ausgabe, 26.04.2007)

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