Niederlande: Schluss mit lustig im Coffeeshop

(c) AP (Ermindo Armino)
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Rotterdam läutet mit der Schließung der Hälfte seiner Coffeeshops eine Wende in der Drogenpolitik ein. Andere Städte könnten bald nachziehen.

Rotterdam. Der Wind hat sich gedreht in den Niederlanden, gesellschaftlich und politisch. Das merken jetzt auch die zahlreichen „Coffeeshops“ des Landes, in denen weiche Drogen an Personen über 18 Jahren bisher frei verkauft werden durften. Jetzt aber heißt es: Finger weg vom Joint. Zumindest in Rotterdam. Dort nämlich will Bürgermeister Ivo Opstelten noch bis zum Jahresende die Hälfte der 62 Coffeeshops schließen und eine große Offensive gegen den Drogenkonsum starten.

Seine einleuchtende Begründung lautet: Viele Coffeeshops befinden sich im Umfeld einer Schule. Und wenn ein Coffeeshop nicht weiter als 250 Meter von einer Schule entfernt ist, dann muss er geschlossen werden. Mit seinem Entscheid beruft sich der Bürgermeister auf ein neues Gesetz. Das tritt zwar erst im kommenden Jahr in Kraft, soll aber schon im Vorfeld angewendet werden, damit die betroffenen Coffeeshops rechtzeitig bis spätestens zum Jahresende die Schotten dicht haben.

„Wir müssen wieder klar sagen, dass das Rauchen eines Joints gesundheitsschädlich und alles andere als normal ist“, begründet der Rotterdamer Bürgermeister seine Anti-Coffeeshop-Offensive, die breiten Beifall findet. Sogar Politiker der Grünen und der Sozialdemokraten, die die liberale niederländische Drogenpolitik bisher immer unterstützten, spendeten Applaus für das harte Vorgehen gegen die Verkaufspunkte für Haschisch und Marihuana in der größten Hafenstadt Europas. „Wir können nicht zulassen, dass Jugendliche bekifft auf der Schulbank sitzen“, meint die Grünen-Abgeordnete Naima Azough. „Ich unterstütze daher das Vorgehen von Bürgermeister Opstelten.“

Rotterdam scheint das Modell dafür zu werden, die Coffeeshops langsam aber sicher überall in den Niederlanden abzuschaffen und sie nach und nach auszuräuchern. Denn was in Rotterdam nun praktiziert wird, das kann danach auch in Amsterdam angewendet werden. In Amsterdam wäre mindestens die Hälfte der insgesamt 234 Coffeeshops betroffen, weil diese zu nahe an einer Schule liegen. Sollte man die Bannzone auf 500 Meter ausdehnen, was die Stadtverwaltung überlegt, dann müssten in Amsterdam fast alle Coffeeshops dicht machen.

Ende der Toleranz

Der niederländische Premierminister Jan Peter Balkenende, aber auch Gesundheitsminister Ab Klink, beide Christdemokraten, haben schon seit Jahren deutlich gemacht, dass sie den Verkauf der weichen Drogen nicht mehr länger tolerieren und mittelfristig beenden wollen. Nun scheinen sie ernst zu machen. Balkenende, der seit 2002 bereits viermal in Folge zum Regierungschef gewählt wurde, führt seither auf sehr subtile Weise den Kampf gegen die Coffeeshops. Seit er regiert, hat sich die Zahl der Drogen-Verkaufsstellen um ein Drittel auf derzeit schätzungsweise 750 verringert.

Auch die Kontrollen in den Shops werden immer schärfer. Wird festgestellt, dass Unter-18-Jährige zu den Kunden zählen, wird der Laden sofort geschlossen. Gleiches gilt, wenn ein Coffeeshop-Inhaber harte Drogen wie Ecstasy, Kokain oder Heroin verkauft. Dann wird das Geschäft mit Brettern zugenagelt und auf Plakaten informiert, dass hier harte Drogen gehandelt wurden.

In der nun in Rotterdam anlaufenden Kampagne will Bürgermeister Opstelten auch alle Coffeeshop-Inhaber ab sofort dazu verpflichten, dass diese auf die gesundheitlichen Schäden des Haschisch-Konsums hinweisen müssen. Schließlich sei es wissenschaftlich erwiesen, dass das Rauchen eines Joints so schädlich ist wie das von fünf Zigaretten zugleich.

Ab 1. Jänner 2008 könnte es dann für alle Coffeeshops in den Niederlanden ohnehin heißen: Türen zu. Dann nämlich soll das absolute Rauchverbot in öffentlichen Gebäuden auch auf die Gastronomie ausgedehnt werden, die bisher noch eine Ausnahmegenehmigung hatte. Dann kann Gesundheitsminister Ab Klink alle Coffeeshops schließen lassen – wenn er will.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 04.06.2007)

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