Italien: Polizeichef stolpert über G8-Schlägereien

Der oberste Polizeichef soll Mitarbeiter zu falschen Aussagen angestiftet haben.

ROM. Der Innenminister präsentiert den Kriminalitätsbericht. Neben ihm der lächelnde Polizeichef Gianni De Gennaro. Alle Jahre wieder, mehr oder weniger, dieselbe Statistik: sinkende Mordzahlen, zunehmende Taschendiebstähle. Auf einmal schrillen alle Handys gleichzeitig: Ministerpräsident Romano Prodi hat im Parlament soeben verkündet, dass der Polizeichef abgelöst wird.

Ein Blitzschlag. Ohne Vorwarnung. Der Polizeichef lächelt trotzdem weiter. Dann kommt es heraus: Seit zehn Tagen wird gegen De Gennaro ermittelt. Die Staatsanwaltschaft Genua verdächtigt den obersten Polizisten Italiens, er könnte einige seiner Männer zu falschen Zeugenaussagen „angestiftet oder bewegt“ haben. Es geht um die Ausschreitungen beim G8-Gipfel von Genua 2001 und um die 29 Polizeiführer, die sich seit zwei Jahren wegen illegaler Übergriffe auf friedliche Demonstranten vor Gericht verantworten müssen.

Keine Erinnerung

Die „amtlichen“ Zeugen in Genua fielen bisher durch massive Erinnerungslücken auf. Oder sie jammerten – bis auf einen, und auch er packte erst vor wenigen Tagen aus: Michelangelo Fournier, seinerzeit Vizechef eines mobilen Einsatzkommandos, erinnerte an „Schläger aus den Reihen der Polizei“, die G8-Gegner niederknüppelten.

Fourniers Aussage war eine Wende im Prozess von Genua. Der linke Flügel in Prodis Regierung forderte die Entlassung De Gennaros als den „Verantwortlichen“ für die Exzesse. Nun musste De Gennaro tatsächlich gehen – aber mit Genua, so versichert Regierungschef Prodi, habe das nichts zu tun. Prodi sagt, De Gennaro habe bereits anlässlich des Regierungswechsels im April 2006 sein Amt „zur Verfügung gestellt“, man habe ihm aber das Vertrauen ausgesprochen und sich auf eine „natürliche“ Ablösung zu Ende seines siebten Amtsjahres geeinigt. Diese Periode sei jetzt eben abgelaufen, nichts weiter, basta. Merkwürdig nur, dass noch keine Gespräche stattgefunden haben und kein Nachfolger nominiert wurde.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 22.06.2007)

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