Weiblicher Touch fürs heilige Amt

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Kardinalstaats-Sekretär Tarcisio Bertone – nach Papst Benedikt XVI. die Nummer zwei – wünscht sich am Heiligen Stuhl mehr Frauen in Spitzenpositionen.

ROM. „Die Frauen werden sicher einige wichtige Positionen besetzen“, betonte Kardinalstaatssekretär Tarcisio Bertone in einem Interview, das die Römer Zeitung „La Repubblica“ mit ihm am Ferienort des Papstes in den Dolomiten geführt hat. In der Kurie sei eine Neuverteilung der Führungsämter im Gang, „und im Rahmen ihrer Verantwortlichkeiten, ihres Charismas und ihrer Fähigkeiten“ würden die von Frauen besetzten Führungspositionen zunehmen. „Ich bin überzeugt, dass die Frauen dem Papst, der Kirche Roms und der Universalkirche große Dienste leisten werden“, sagte die Nummer zwei im Vatikan.

Den Vatikan verbindet man gemeinhin eher mit einem geschlossenen Männerbund, doch der Schein trügt: Am Heiligen Stuhl arbeiten schon heute rund 600 Frauen, was einem Anteil von 16 Prozent aller Beschäftigten entspricht. Die meisten von ihnen sind jedoch in den niederen und mittleren Gehaltsstufen tätig, während gegen oben hin die Luft dünn wird – womit sich der Vatikan freilich kaum von irgendeinem europäischen Industriekonzern unterscheidet. Dafür ist in der Kirchenverwaltung gleicher Lohn für gleiche Arbeit seit Jahren eine Selbstverständlichkeit.

Frauen in vatikanischen Spitzenämtern sind eine eher neue Erscheinung und lassen sich an einer Hand abzählen. 2003 hatte Johannes Paul II. zum ersten Mal eine Präsidentin für eine der zehn päpstlichen Akademien ernannt: Er bestellte die Archäologin Letizia Ermini Pani zur Leiterin der Akademie für Archäologie.

Magere fünf Kaderpositionen

2004 erfolgte die Berufung zweier Frauen in die Internationale Theologische Kommission, das wichtigste theologische Beratergremium des Pontifex. Im gleichen Jahr wurde der Harvard-Juristin Mary Ann Glendon die Leitung der päpstlichen Akademie für Sozialwissenschaften übertragen, während die Soziologin Enrica Rosanna Untersekretärin der Ordenskongregation wurde; das Amt entspricht der Stellung eines Staatssekretärs in einer weltlichen Regierung.

Dass fünf Kaderpositionen etwas mager sind bei einem Bestand von fast 4000 Mitarbeitern, findet nicht nur Tarcisio Bertone. „Auch wenn schon manche hoch gebildete Dame den Vatikan berät, so fehlt das weibliche Element doch noch ziemlich“, findet der langjährige Leiter der deutschsprachigen Abteilung von Radio Vatikan, Pater Eberhard von Gemmingen.

Der Jesuit geht noch deutlich weiter als Bertone: Er wünscht sich, dass beim nächsten Konklave auch Frauen mittun dürfen. „Zur Papstwahl braucht man keine Priesterweihe“, betont von Gemmingen. Bis dahin dürfte allerdings noch viel Wasser den Tiber hinunterfließen, das weiß auch von Gemmingen. „Das klingt naiv – aber manchmal führen gerade naive Vorschläge weiter.“

LEXIKON

Von den fast 4000Mitarbeitern der Kurie (Gesamtheit der Leitungs- und Verwaltungsorgane des Heiligen Stuhls) sind rund 600 weiblich (Frauenanteil von 16 %). Die meisten von ihnen arbeiten in niederen und mittleren Gehaltsstufen. In Spitzenpositionen haben es bisher nur fünf Frauen geschafft.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 20.07.2007)

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