Der König der Ausbrecher

AP
  • Drucken

Belgien. Diesmal ließ sich der Verbrecher vom Helikopter abholen.

Brüssel. Nicht einmal, nicht zweimal, nicht dreimal, nein schon zum vierten Mal ist dem Schwerverbrecher Nordin Benallal ein Ausbruch aus einem belgischen Gefängnis gelungen. Seine letzte erfolgreiche Flucht aus dem Gefängnis von Ittre südlich von Brüssel war wohl seine spektakulärste.

Komplizen des 27-Jährigen, als „Ausbrecherkönig“ berüchtigt, kidnappten einen kleinen Hubschrauber samt Piloten und schwebten genau um 18.15 Uhr am Sonntagabend über die Gefängnismauern in die Haftanstalt. Um diese Zeit nämlich absolvieren die Insassen dort ihren Abendspaziergang. Nordin Benallal stieg in den Hubschrauber. Doch dann ging einiges schief. Zahlreiche Mitgefangene hatten sich an die Kufen geklammert und wollten mitfliegen. Fazit: Bei seinem Start stürzte der Hubschrauber wegen Übergewichts ab. Mehrere Häftlinge wurden verletzt, einige von ihnen schwer.

Wärter in Geiselhaft genommen

Doch Nordin Benallal behielt die Nerven. Zusammen mit seinen beiden Komplizen, die Schusswaffen bei sich hatten, nutzen sie das Chaos und zwangen einen Gefängniswärter, ihnen die Türen in die Freiheit zu öffnen. So konnte Benallal also doch noch aus dem Gefängnis fliehen, das als eines der am besten bewachten in ganz Belgien gilt. Draußen vor den Toren der Haftanstalt wartete schon ein Kleintransporter mit laufendem Motor auf den Flüchtling. Benallal und seine Befreier stiegen ein und rasten davon. Die Geisel wurde freigelassen. Die Polizei löste Großalarm und eine sofortige Fahndung nach dem Schwerverbrecher aus. Bisher aber konnte er nicht wieder verhaftet werden.

Zu 39 Jahren verdonnert

Benallal sollte verschiedene Gefängnisstrafen mit einer Dauer von insgesamt 39 Jahren verbüßen. Zuletzt war er 2005 zu einer zwölfjährigen Haftstrafe verurteilt worden, weil er bei seiner Flucht damals zwei Polizisten anschoss. Weiters wurde er wegen zahlreicher Gewaltdelikte verurteilt.

Justizministerin Laurette Onkelinx erklärte inzwischen, sie werde nun prüfen lassen, ob die Innenhöfe aller belgischen Gefängnisse mit Stahlnetzen überspannt werden könnten. Eine solche Maßnahme würde die Landung von Hubschraubern unmöglich machen. In Frankreich ist das längst gang und gebe.

Erst vor wenigen Monaten gelang es einem anderen Schwerverbrecher ebenfalls mit Hilfe eines einschwebenden Hubschraubers aus einem belgischen Gefängnis zu entkommen. Eric Fernand flüchtete so aus dem Gefängnis von Lantin, konnte inzwischen aber wieder verhaftet werden. Fernands Flucht diente offenbar nun Nordin Benallal als Vorbild, nach dem er seine Befreiung organisieren ließ.

CHRONOLOGIE

Insgesamt floh der Schwerverbrecher Nordin Benallal (27) vier Mal aus diversen Haftanstalten in Belgien, zuletzt aus Ittre. Er sollte eigentlich 39 Jahre für verschiedene Gewaltverbrechen absitzen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 30.10.2007)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.