Indien: 66 Tote bei Anschlag auf "Freundschaftszug"

Offenbar sollte mit dem Anschlag der Friedensprozess zwischen Indien und Pakistan torpediert werden. Ein indischer Regierungssprecher: "Es ist das, wonach es aussieht: Ein Terrorakt".

Bei einem Anschlag auf einen indischen Zug auf dem Weg nach Pakistan sind in der Nacht auf Montag mindestens 66 Menschen gestorben. 50 Passagiere wurden verletzt, als zwei Waggons des "Freundschafts-Express" zwischen den einstigen Erzfeinden in Nordindien Feuer fingen und ausbrannten. Die Polizei fand zwei Bomben am Unglücksort etwa 80 Kilometer nördlich von Neu-Delhi.

»Angesichts der Intensität des Rauchs dürften viele Menschen erstickt sein, bevor ihre Körper verbrannten.«

Tara Chand, Augenzeuge

"Es ist das, wonach es aussieht: Ein Terrorakt", sagte ein indischer Regierungssprecher. Bahnminister Lalu Prasad sagte, die Täter wollten den Friedensprozess zwischen Indien und Pakistan torpedieren.

Bei den Opfern handelt es sich nach Regierungsangaben überwiegend um Pakistani, auch einige indische Sicherheitskräfte seien unter den Opfern. Das Feuer brach gegen Mitternacht aus, als sich der Zug in der Nähe der Stadt Panipat im nordindischen Bundesstaat Haryana befand.

Augenzeugen berichteten von zwei Explosionen, sagte Bahnmanager B.N. Mathur vor Journalisten. "Es scheint ein Fall von Sabotage zu sein." In der Nähe der Gleise wurde ein Sprengsatz gefunden. Außerdem entdeckten Ermittler zwei Koffer mit leicht brennbaren Stoffen.

Bahnminister Prasad machte islamische Extremisten für die Tat verantwortlich. Die Polizei gab bekannt, dass bereits zwölf Verdächtige zum Verhör nach Neu-Delhi gebracht worden seien. Ministerpräsident Manmohan Singh versicherte, dass die Schuldigen ausgeforscht werden. Es sei auch Kontakt mit der pakistanischen Regierung aufgenommen worden.

"Ich hörte eine laute Explosion und dann war überall Rauch", sagte der Pakistani Tara Chand, der sich in dem Zug befand. "Angesichts der Intensität des Rauchs dürften viele Menschen erstickt sein, bevor ihre Körper verbrannten." Vielen Passagieren wurde die Tatsache zum Verhängnis, dass aus Sicherheitsgründen die Fenster des Zuges vergittert und die Türen versperrt waren. Außerdem trafen die Rettungskräfte nach einem Bericht des Fernsehsenders "Times Now" erst nach eineinhalb Stunden am Unglücksort ein.

Der Zug setzte seine Fahrt nach Pakistan nach einigen Stunden fort, nachdem die beiden ausgebrannten Waggons abgekoppelt worden waren. Insgesamt 610 Passagiere waren zum Zeitpunkt des Unglücks an Bord.

Hintergrund: Kaschmir-Konflikt

Der "Samjhauta Express" (Freundschafts-Express) verbindet die indische Hauptstadt mit dem nordpakistanischen Lahore. Er ist die einzige Zugverbindung zwischen den beiden früheren Erzfeinden Indien und Pakistan, die in den vergangenen 60 Jahren drei Mal gegeneinander Krieg geführt haben. Die Eröffnung der Bahnlinie war Teil der vertrauensbildenden Maßnahmen im Anfang 2004 begonnenen Friedensprozess der südasiatischen Atommächte. Der Zwischenfall kam kurz vor einem Besuch des pakistanischen Außenministers Khursheed Mehmood Kasuri in Neu-Delhi, bei dem weitere Annäherungsschritte erwartet wurden. Pakistanische Moslem-Extremisten sowie Separatisten, die für eine Loslösung der mehrheitlich moslemischen Provinz Kaschmir von Indien kämpfen, haben in den vergangenen Jahren zahlreiche Anschläge gegen zivile Ziele in Indien verübt. Züge waren dabei ein besonders beliebtes Ziel. Im vergangenen Juli starben 186 Menschen bei zeitgleichen Anschlägen gegen mehrere Züge in der Wirtschaftsmetropole Mumbai (Bombay). Im Jahr 2002 brachen wochenlange gewaltsame Unruhen zwischen Hindus und Moslems aus, nachdem bei einem Zugbrand im westindischen Gujarat 60 Hindus ums Leben gekommen waren. Für die Tat wurden Moslems verantwortlich gemacht. In den Unruhen starben mehr als 1000 Menschen, die meisten davon Moslems. (Ag.)

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