Vor Tauwetter zwischen USA und Iran?

Condoleezza Rice will offenbar in direkte Gespräche mit Iraks Nachbarn eintreten. Damit könnte ein diplomatischer Kanal Washington-Teheran geöffnet werden.

Bagdad. Die Irak-Politik der US-Regierung ähnelt immer mehr einem Zick-Zack-Kurs. Als die Irak-Kommission des früheren US-Außenministers James Baker und des ehemaligen Parlamentsabgeordneten Lee Hamilton im Dezember 2006 Gespräche mit den irakischen Nachbarn und die baldige Einleitung eines Truppenabzuges empfohlen hatte, reagierte das Weiße Haus, indem es eine Truppenaufstockung – genannt „Surge“ – ankündigte und den Druck auf Iran und Syrien erhöhte. Die Weigerung des Weißen Hauses, mit Syrien und Iran zu verhandeln, sorgte bei politischen Beobachtern für Verwunderung.

Nun heißt es offenbar: „Kommando zurück“. Außenministerin Condoleezza Rice hat am Dienstag vor einem Senatsausschuss einen Irak-Gipfel in den nächsten Monaten angekündigt. Schon Anfang April wird Rice in die Region reisen, um unter anderem mit dem iranischen Außenminister Manuchehr Mottaki und dem syrischen Chefdiplomaten Walid el-Muallem zusammenzutreffen.

Rice stellte klar, dass die Initiative zu diesem Treffen von der irakischen Regierung von Nouri Al-Maliki ausgegangen war. Die irakische Regierung hatte einige Monate vergeblich versucht, die Bush-Administration dazu zu bewegen, einer derartigen Regionalkonferenz zuzustimmen. Doch die USA hatten stets verlangt, dass die Regierung zuerst ihre „Hausaufgaben“ erledigen solle – wie es in Expertenkreisen hieß.

Nachdem aber Anfang der Woche das neue Ölgesetz verabschiedet wurde, das die Verteilung der Öl-Erlöse neu regelt, sah die US-Regierung den Zeitpunkt gekommen, den Wunsch des irakischen Premiers Nouri al-Maliki zu erfüllen und grünes Licht zu direkten Gesprächen zu geben.

Diese könnten einen direkten diplomatischen Kanal zwischen Washington und Teheran öffnen. Beide Länder unterhalten seit der Islamischen Revolution 1979 keine direkten diplomatischen Kontakte. In den Gesprächen soll es um den Irak gehen, das iranische Atomprogramm soll nicht angesprochen werden.

Alle Optionen auf dem Tisch

Die amerikanische Regierung hat in den vergangenen Monaten den Druck auf Teheran kontinuierlich erhöht: Das iranische Nuklearprogramm beschäftigt mittlerweile den Sicherheitsrat.

Erst vergangene Woche sagte US-Vizepräsident Richard Cheney, „alle Optionen sind auf dem Tisch“, um zu verhindern, dass Iran eine Nuklearwaffe in die Hände bekomme. Damit gab er Spekulationen neue Nahrung, dass die USA auch vor einem Angriff nicht zurückschrecken würden. Erst vor kurzem traf der Flugzeugträger USS Stennis im Golf von Oman ein – ein weiteres Indiz dafür, dass sich die USA in der Konfrontation mit dem Iran auch die militärische Option offen halten wolle.

Dazu kamen immer lauter werdende Vorwürfe, dass Teheran offen schiitische Milizen im Iran mit Waffen und Ausrüstung unterstützt. Die „New York Times“ berichtet unter Berufung auf hochrangige Regierungsbeamte, dass die USA bewusst den Druck auf Iran erhöht haben, damit man aus einer Position der Stärke verhandeln kann. „Wir erhielten den Eindruck, dass Iran uns nicht ernst genug nimmt. Also haben wir etwas unternommen, damit man uns ernst nimmt und wir es mit Diplomatie versuchen können“, wird der frühere Top-Berater von Außenministerin Rice, Philip D. Zelikow. in der „New York Times“ zitiert.

In einem Bericht der International Crisis Group (eine Denkfabrik mit Sitz in Brüssel) wurde unmittelbar nach der Veröffentlichung des Reports der Baker-Hamilton-Kommission die Schaffung einer „Internationalen Unterstützungsgruppe“ für den Irak vorgeschlagen, dem die fünf Sicherheitsratsmitglieder und Vertreter aller Nachbarländer des Irak angehören sollen. Den USA wurde in diesem Bericht geraten, sie sollen sich von dem Gedanken verabschieden, den „Neuen Nahen Osten“ mit Gewalt schaffen zu können.

Iran und Syrien sollen wiederum ihre Grenzen besser kontrollieren und versuchen, ihren Einfluss auf die Milizen zu nutzen und diese zu mehr Zurückhaltung zu bewegen. Werden nun also die Vorschläge der Baker-Hamilton-Kommission doch umgesetzt?

Inline Flex[Faktbox] IRAK-GIPFEL("Die Presse", Print-Ausgabe, 01.03.2007)

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