Irak: Al-Qaida droht Teheran

Irakische Soldaten bewachen einen an einem Kontrollposten verhaften Mann, der verdächtigt wird, mit al-Qaida zusammenzuarbeiten.
Irakische Soldaten bewachen einen an einem Kontrollposten verhaften Mann, der verdächtigt wird, mit al-Qaida zusammenzuarbeiten.(c) AP
  • Drucken

Die Lage im Irak wird immer unübersichtlicher: Sunnitische Extremisten warnen den Iran, die Türkei droht mit Invasion.

Bagdad/Ankara/Kairo (ag.). Sunnitische Extremisten im Irak haben den Iran vor einer weiteren Unterstützung der irakischen Schiiten gewarnt. Sollte die Regierung in Teheran diese Einflussnahme nicht binnen zweier Monaten einstellen, drohe ihr ein ernsthafter Krieg, erklärte Abu Omar al-Baghdadi, der den sogenannten „Islamischen Staat im Irak“ leitet, einen Dachverband radikaler Sunnitenorganisationen unter Führung von al-Qaida. Der Verband versteht sich als islamistische Gegenregierung zur schiitisch dominierten Regierung in Bagdad.

Die sunnitischen Kämpfer hätten sich vier Jahre lang darauf vorbereitet, gegen den schiitischen Iran in den Krieg zu ziehen, sagte Baghdadi in einer 50-minütigen Videoaufnahme, die am Sonntag ins Internet gestellt wurde. Zugleich stellte er auch den Sunniten in der arabischen Welt ein zweimonatiges Ultimatum, um sämtliche Geschäftsverbindungen zum Iran einzustellen.

Ferner bekannte sich Baghdadi im Namen des „Islamischen Staates im Irak“ zu zwei schweren Selbstmordanschlägen auf irakische Kurden. Dabei waren Anfang Mai rund 65 Menschen ums Leben gekommen. Dies sei eine Strafe für die Kollaboration der Kurden mit den Schiiten in der irakischen Regierung, erklärte Baghdadi.

Während al-Qaida damit dem Iran praktisch den Krieg erklärt, verdichten sich erneut die Hinweise auf einen drohenden Einmarsch der Türkei im kurdisch dominierten Nordirak.

Türkei zieht Truppen zusammen

Nach Angaben der irakischen Regierung hat die türkische Armee 140.000 Soldaten an der Grenze zu den irakischen Kurdengebieten zusammengezogen. „An der nördlichen Staatsgrenze des Irak findet eine Mobilisierung im großen Umfang statt“, sagte Außenminister Hoshiyar Zebari am Montag in Bagdad. Er beruft sich dabei auf Angaben von Sicherheitskräften und des Geheimdienstes.

Die türkische Armee drängt die Regierung in Ankara seit längerem, einen Vorstoß gegen radikale Kurden im Nordirak zuzulassen. Die Regierung hat sich mit Blick auf die Parlamentswahlen im Juli dieser Forderung bisher widersetzt. Die US-Regierung hat den Nato-Partner dezidiert aufgefordert, nicht in den Nordirak einzumarschieren. Auch die irakische Führung warnt vor einem Eindringen in das Kurdengebiet. Der Präsident der autonomen Kurden-Region im Irak, Massoud Barzani, hat Widerstand gegen jede Invasion angekündigt.

Der türkische Generalstabschef Yasar Büyükanit war zuletzt verstärkt für Militäroperationen im Nordirak eingetreten. Ankara hat die von den USA unterstützte Regierung in Bagdad wiederholt aufgefordert, gegen die schätzungsweise 4000 kurdischen Rebellen der verbotenen Separatistengruppe PKK (Kurdische Arbeiterpartei) im Nordirak vorzugehen. Der Vorsitzende der irakischen Kurdischen Demokratischen Partei (KDP), Barzani, hatte gedroht, die Kurden in der Türkei aufzustacheln, falls sich die Türkei in den Streit um die nordirakische Ölstadt Kirkuk einmischen sollte.

Iraker sollen sich bewaffnen

Die Iraker haben laut ihrem sunnitischen Vizepräsidenten Tarek al-Hashemi das Recht, sich zum eigenen Schutz zu bewaffnen. Wenn die Regierung die Bürger nicht verteidigen könne, müssten sie dies selbst tun, erklärte Hashemi. Der Staat solle ihnen dafür „Geld, Waffen und Erfahrung“ zur Verfügung stellen. Allerdings müsse die Regierung auch die Kontrolle behalten. Kommentar Seite 31

FAKTEN. Iraks zerstrittenes Parlament

Öl-Gesetz wurde am 3. Juli von der Regierung abgesegnet, Uneinigkeit im Parlament.

Ent-Baathifizierung: Ex-Mitglieder von Saddams Partei sollen wieder Posten in Verwaltung und Armee erhalten. Dagegen regt sich Opposition.

Parlaments-Chaos: Boykott von einem Drittel der Parlamentarier.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 10.07.2007)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.