Putin kündigt neue Raketenabwehr bis 2015 an

(c) EPA (Vladimir Rodionov)
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Russland. Kreml-Chef lässt militärische Muskeln spielen und lobt seine Streitkräfte.

MOSKAU (ag.). Der russische Präsident Wladimir Putin gibt im Streit um das amerikanische Raketenabwehrsystem, das in Polen und der tschechischen Republik aufgestellt werden soll, weiterhin Takt und und Tempo vor. Am Wochenende kündigte der Kreml-Chef ein großangelegtes Programm zur Modernisierung der Raketenabwehr seines Landes bis 2015 an.

Von Kameras perfekt in Szene gesetzt, ließ er sich am Samstag die Fähigkeiten einer neuen Radarstation demonstrieren, die angeblich der erste Bestandteil des künftigen Raketenabwehrsystems ist. „Das nennen wir eine innovative Weiterentwicklung der Streitkräfte“, geriet Putin ins Schwärmen. Er besichtigte eine Anlage vom Typ „Woronesch“ nahe der Stadt St. Petersburg. Der russische Präsident erwähnte lobend, dass das Frühwarnsystem um ein Vielfaches billiger, effektiver und zuverlässiger sei als die Vorläufer.

In einer Übung ließ sich Putin vorführen, wie die 81 Millionen Euro teure Radaranlage Raketen verfolgen kann, die auf russische Städte Kurs nehmen. Ob „aus dem Ausland gestartete Raketen“ dann auch tatsächlich abgeschossen werden können, steht auf einem anderen Blatt Papier.

Der Staatschef wollte der Welt jedenfalls vor Augen führen, dass Russland, die wieder erwachte Weltmacht, bereit ist, jede militärische Herausforderung anzunehmen. Seit längerer Zeit schon lässt Russland seine Muskeln spielen; manche Beobachter spürten schon den Atem eines neuen Kalten Krieges.

Putin will sein Volk wieder stolz machen. Ausdrücklich betonte er, die neue Radar-Generation sei mit russischer Technologie entwickelt worden. Eine ähnliche Anlage werde derzeit nahe der Stadt Armawir in Südrussland gebaut.

USA gehen auf Angebot ein

Im Streit um die US-Raketenabwehrpläne zeichnete sich eine Annäherung ab. Dan Fried, Abteilungsleiter des US-Außenministeriums, sprach sich laut russischer Nachrichtenagentur Interfax in der aserbaidschanischen Hauptstadt Baku dafür aus, ein gemeinsames russisch-amerikanisches System zu schaffen, um die Sicherheit aller Seiten zu verbessern. Er griff damit einen Vorschlag Putins auf, der Anfang Juni beim G8-Gipfel in Heiligendamm eine gemeinsame Nutzung der Radarstationen in Aserbaidschan und auch in Südrussland vorgeschlagen hatte.

Für die Amerikaner ist jedoch klar, dass das Aserbaidschan-Projekt kein Ersatz für das Abwehrraketen-System sein kann, das zum Schutz gegen etwaige iranische Angriffe in Polen in Tschechien stationiert werden soll. Russland macht seit Monaten gegen das Abwehrsystem mobil – und hat dadurch Amerikas Verbündete in Europa nachhaltig verunsichert.

DAS ABWEHRSYSTEM

Details zum Raketenabwehrsystem, das Russlands Präsident Putin bis 2015 ankündigt, sind bisher nur in Bruchstücken vorhanden. Die Radarstation vom Typ Woronesch bei St. Petersburg, die angeblich das Gebiet zwischen Nordpol und Afrika überwacht, soll Teil davon sein. Jüngst präsentierte Russland Geschosse vom Typ S-400; sie könnten sich ins System einfügen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 13.08.2007)

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