„Massive Anschläge“ in Deutschland verhindert

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Es wäre ein Blutbad gewesen: Terroristen wollten eine US-Basis und Discos in die Luft sprengen. Die Verdächtigen sind Islamkonvertiten aus Ulm, sie hatten möglicherweise vor, am 11. September zuzuschlagen.

Die drei Männer ließen sich durch nichts von ihrem Vorhaben abbringen - nicht durch Polizeikontrollen und auch nicht durch wiederholte Terrorwarnungen. Sie wollten sich in die Geschichte bomben, und diesmal sollte das Blut auch auf deutschem Boden fließen. Den aufmerksamen Behörden ist es zu verdanken, dass die Deutschen Fritz G. (28), Daniel S. (21) und der Türke Adem Y. (28) nicht als islamistische Märtyrer endeten.
Seit Monaten hatten sie die Zelle in ihrem Visier. Und als die Extremisten schließlich in einer Ferienwohnung im sauerländischen Oberschledorn daran gingen, das explosive Gemisch zu brauen, schlugen die Fahnder zu.

Ein Dutzend Fässer mit Chemikalien und eine Zündvorrichtung wurden sicher gestellt. Damit wollten die Terroristen Acetonperoxid mixen: sDie Zutaten sind frei erhältlich, laut Experten reiche zur Herstellung Wissen aus dem Chemieunterricht. Was die Extremisten nicht wussten: Die Fahnder hatten im Juli unbemerkt die Chemikalien gegen eine geringer konzentrierte Lösung ausgetauscht.

Training in Pakistan absolviert

30 Jahre nach der Bedrohung durch die Rote Armee Fraktion hat sich also eine neue Form des Terrorismus im Land festgesetzt, hat die al-Qaida ihre todbringenden Tentakel ausgestreckt. Und dass es sich bei den drei Männern um Konvertiten und in Deutschland aufgewachsene Islamisten handelt, macht sie umso gefährlicher.
"Es waren keine halbprofessionellen Terroristen, sondern überzeugte Täter", sagte Innenminister Wolfgang Schäuble. Viele hatten Schäuble kritisiert, weil er so oft darauf gedrängt hatte, die Anti-Terror-Maßnahmen zu verschärfen, manche hatten ihm gar Verfolgungswahn vorgeworfen. Mittwoch verstummte die Kritik vorerst.
Die Verhafteten sind Mitglieder der islamistischen Terrorgruppe "Jihad-Union", deren Verästelungen nach Usbekistan und in den Iran führen. Alle haben in einem pakistanischen Camp ein Training absolviert. Gerade vor solchen Selbstmord-Kommandos hatten Geheimdienste zuletzt gewarnt.

"Nur noch eine Frage der Zeit"

"Ein Anschlag stand unmittelbar bevor. Es war nur eine Frage der Zeit", so ein Sicherheitsexperte. "Massive Bombenanschläge" seien geplant gewesen, sagte Generalbundesanwältin Monika Harms. Das Attentat mittels Autobomben hätte die Anschläge in London oder Madrid womöglich noch übertroffen. Als mögliches Ziel gelten der Frankfurter Flughafen, der US-Militärstützpunkt Ramstein oder Diskotheken, wie eine Auswertung der abgehörten Gespräche ergab. Daraus geht offenbar auch hervor, dass es sich um Selbstmordanschläge handeln sollte, eventuell am 11. September, dem Jahrestag der Angriffe auf World Trade Center und Pentagon.
Einer der Männer hatte sich verdächtig gemacht, als er in der Silvesternacht 2006 die US-Militärkaserne im hessischen Hanau auskundschaftete. Die Geheimdienste meldeten wenig später, US-Einrichtungen in Deutschland stünden verstärkt im Fadenkreuz der Terroristen _ und somit auch Deutschland selbst. Im April gab es auch eine Warnung der USA, die direkt mit der jetzt ausgehobenen Zelle zusammenhing.

"Es ist Bürger- und Moslempflicht, Extremismus zu melden" hieß es in einer ersten Reaktion des Zentralrats der Muslime in Deutschland. Terroristen seien Feinde des Islam. Bisher hatten sich Moslemverbände zurückhaltend zur Terrorgefahr geäußert.

Gefahr: Hausgemachter Terror

Die Bedrohung durch aus Deutschland stammende Extremisten sei ein wachsendes Problem, bestätigte der Innenminister. So wie in Großbritannien ist auch in Deutschland ein hausgemachter Terrorismus entstanden. Erst im Vorjahr hatten zwei vereitelte Anschläge für Aufregung gesorgt. Ein Bombenattentat auf Regionalzüge war fehlgeschlagen, ein Anschlag auf eine israelische El-Al-Maschine wurde im Keim erstickt.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 06.09.2007)

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