USA/China: Ehrung für Dalai Lama erzürnt Peking

(c) EPA (Peter Foley)
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Das geistliche Oberhaupt der Tibeter erhält Orden im Kongress und trifft Bush.

PEKING (ag.). Zhang Qingli ließ seiner Empörung freien Lauf: „Wir sind wütend“, donnerte am Dienstag der Chef der Kommunistischen Partei in Tibet. Die Wut des KP-Bonzen richtet sich gegen die USA und deren Ansinnen, Tibets geistlichem Oberhaupt, dem Dalai Lama, eine hohe Auszeichnung im US-Kongress zu verleihen. Das sei eine „brutale Einmischung in die inneren Angelegenheiten Chinas“, schimpfte Zhang. Der Dalai Lama habe sein Vaterland „verraten und verlassen“ und nie aufgehört, sich für die Abspaltung Tibets von China einzusetzen.

„Verletzte Gefühle“

Doch nicht nur Tibets Parteikader schäumen. Auch die Spitzen des chinesischen Staates zeigen sich äußerst verstimmt. „Wir drücken unsere tiefe Unzufriedenheit und unsere entschiedene Ablehnung aus“, sagte Chinas Außenminister Yang Jiechi am Rande des Parteitages der chinesischen KP in Peking. Die geplante Ehrung für den Dalai Lama verletze „auf ernste Weise die Normen der internationalen Beziehungen und die Gefühle des chinesischen Volkes“, so der Außenminister. „Wir fordern feierlich, dass die USA die äußerst falschen Vorhaben absagen.“

In Washington denkt man aber nicht daran. Das im Exil lebende Oberhaupt der Tibeter soll am Mittwoch auf dem Kapitol die Goldmedaille des Kongresses verliehen bekommen – die höchste zivile Auszeichnung, die die USA vergeben. Was Peking zusätzlich erbost: Der Dalai Lama sollte am Dienstag auch mit Präsident George W. Bush zusammentreffen. Das „private“ Meeting sollte aber nicht im Oval Office stattfinden, sondern in den Privaträumen des Präsidenten.

Durch dieses Treffen würden das Verhältnis Washingtons zu Peking „massiv untergraben“, verlautete dazu am Dienstag aus dem chinesischen Außenministerium. Peking beließ es aber nicht nur bei verbalen Protesten: Für Mittwoch waren in Berlin Beratungen der Sicherheitsratsstaaten und Deutschlands über das iranische Atomprogramm angesetzt gewesen. Diese Gespräche wurden nun auf Initiative Chinas verschoben.

Bereits zuvor hatte Peking für Dezember geplante Gespräche zum deutsch-chinesischen Menschenrechtsdialog abgesagt. Das war die Retourkutsche Pekings für ein Treffen von Deutschlands Bundeskanzlerin Angela Merkel mit dem Dalai Lama im September.

Unmut über Gusenbauer

China reagiert auf offizielle Einladungen für den Dalai Lama stets sehr sensibel und gereizt. Auch eine Begegnung des geistlichen Oberhaupts der Tibeter mit Bundeskanzler Alfred Gusenbauer im September hatte für Unmut in Peking gesorgt. Der scheidende Botschafter Chinas in Wien, Lu Yonghua, hatte sich erst kürzlich in einem „Presse“-Interview irritiert über dieses Treffen gezeigt: „Das hat sehr weh getan und trübt meine Bilanz hier in Wien“, sagte der Botschafter.

Verletzung der Menschenrechte

Der Dalai Lama und die damalige tibetische Regierung waren im März 1959, nach der blutigen Niederschlagung eines Aufstandes durch chinesische Truppen, aus Tibet nach Indien geflohen. Das Hochland war bereits 1950 von rotchinesischen Truppen besetzt worden.

Im Exil hatte der Dalai Lama stets die Unterdrückung der Tibeter durch das kommunistische China kritisiert. Er warf Peking schwere Verstöße gegen die Menschenrechte vor, unter anderem Zwangsabtreibungen und Zwangssterilisationen, sowie einen „kulturellen Völkermord“ durch massiven Bevölkerungstransfer.

In China gilt der Dalai Lama als persona non grata.

WISSEN

Erst Gusenbauer, dann Merkel und jetzt George W. Bush: Dass der Dalai Lama, das Oberhaupt der tibetischen Buddhisten zur Zeit überall offene Türen findet, bringt Peking zu Weißglut. [EPA]

("Die Presse", Print-Ausgabe, 17.10.2007)

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