Eskalation in der Türkei: PKK-Anschläge auf türkische Soldaten

EPA
  • Drucken

Alles deutet auf eine türkische Militärintervention im Norden des Irak hin: Mindestens zwölf türkische Soldaten wurden getötet.

Die Situation an der türkisch-irakischen Grenze hat sich am Wochenende durch blutige Anschläge der kurdischen Terrororganisation PKK auf türkische Soldaten neuerlich dramatisch verschärft. Die Möglichkeit einer türkischen Militärintervention im Nordirak wurde dadurch immer wahrscheinlicher.

Mindestens zwölf türkische Soldaten wurden getötet, als 200 PKK-Rebellen einen Militärkonvoi in der Provinz Hakkari mit Raketenwerfern angriffen und eine Brücke in die Luft sprengten. Dies war die größte PKK-Gewaltaktion seit Jahren. Laut PKK seien die türkischen Verluste deutlich höher, viele Soldaten seien gefangen genommen worden. Außerdem wurden 14 Zivilisten durch eine Mine unter einem Kleinbus verletzt.


Erst am Mittwoch hatte das türkische Parlament grünes Licht für grenzüberschreitende Einsätze gegeben.

Die Türkei will trotz der jüngsten Gefechte aber zunächst keine Offensive gegen kurdische Rebellen im Irak starten. Es müsse nicht zwingend eine sofortige Reaktion auf die Angriffe auf türkische Soldaten geben, erklärte Verteidigungsminister Vecdi Gönül am Sonntag nach Gesprächen mit seinem US-Kollegen Robert Gates in Kiew. Das türkische Militär plane zwar grundsätzlich einen solchen Einsatz. Dieser solle aber bevorzugt gemeinsam mit den USA durchgeführt werden. 

Oppositionspolitiker forderten nach dem Anschlag von Hakkari, Premierminister Recep Tayyip Erdogan solle der Armee unverzüglich den Marschbefehl erteilen. Erdogan forderte die Armee aber auf, mit kühlem Kopf über das weitere Vorgehen zu entscheiden.

Experten rechneten zwar damit, dass die Regierung der Armee die Genehmigung geben wird, PKK-Kämpfer auf nordirakisches Gebiet zu verfolgen, die Möglichkeit einer großflächigen Invasion wurde jedoch allgemein für unwahrscheinlich erachtet.

Recht, PKK zu "vernichten"

Dass ein türkischer Einmarsch im Nordirak aber im Bereich des Möglichen bleibt, zeigte die Reaktion von Staatspräsident Abdullah Gül. Wenn der Irak die PKK-Angriffe auf türkischem Boden nicht unterbinde, habe die Türkei das Recht, in den Nordirak einzumarschieren und die PKK zu "vernichten", sagte Gül am Sonntag.
Diese Aussicht sorgt seit einiger Zeit für gewaltige internationale Spannungen. Die USA und die EU haben die Türkei vor Alleingängen in der Pulverfass-Region gewarnt. Die Türkei beklagt im Gegenzug, dass man den Verbündeten USA bereits wiederholt aufgefordert habe, entschlossener gegen die Aktivitäten der verbotenen PKK im Nordirak vorzugehen.

Nach der Entscheidung des türkischen Parlaments, die Gangart gegenüber der PKK im Nordirak zu verschärfen, hatte die Zentralregierung in Bagdad zwar um Zeit gebeten, selbst gegen die Terrororganisation vorzugehen. Doch schloss der irakische Präsident Jalal Talabani am Sonntag aus, dass PKK-Chefs an die Türkei ausgeliefert werden könnten. Talabani stammt selbst aus dem Nordirak. Der Präsident der kurdischen Autonomiezone im Nordirak, Massud Barzani, unterstrich, die PKK sei keine Terrororganisation, sondern würde sich nur gegen türkische Angriffe verteidigen.

Eskalation provoziert

Kenner der radikalen Kurdenbewegung sind der Meinung, dass die PKK ihre Angriffe in den letzten Wochen bewusst intensiviert hat, um einen Einmarsch der Türkei in den Nordirak und damit eine Eskalation in der Region zu provozieren. Damit will die PKK unter anderem versuchen, ihren in jüngster Zeit geschwundenen Rückhalt bei den türkischen Kurden wieder zu stärken und den grenzüberschreitenden Nationalismus wieder anzufachen. Ziel der PKK ist ein unabhängiger Kurdenstaat. Dieser wird von allen Seiten abgelehnt - nicht nur, weil er die Region destabilisieren würde, sondern auch weil er über einen beachtlichen Teil der irakischen Ölvorkommen verfügen würde. s

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.