Unbehagen in Prag: Kommen die Russen zurück?

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US-Verteidigungs-Minister Robert Gates bringt mit einem Kompromissangebot an Moskau die Tschechen in Verlegenheit.

PRAG. Der 27. Juni 1991 war für die Tschechen einer der wichtigsten Tage nach ihrer „Samtenen Revolution“. Damals verließ der letzte russische Soldat das Land. Aber kommen die Russen nun durch die Hintertür wieder zurück? Diese Frage stellen sich nun die Tschechen, denn immerhin hat das US-Verteidigungsminister Robert Gates in Prag für denkbar erklärt. Gates informierte seine tschechischen Gastgeber über ein entsprechendes Angebot Washingtons an Moskau: Die USA seien bereit, russische Soldaten als festen Bestandteil der Besatzung für die Radarstation in Westböhmen zu akzeptieren, die Teil des umstrittenen US-Raketenabwehrschilds werden soll. Washington wolle damit Bereitschaft zur Transparenz gegenüber den misstrauischen Russen demonstrieren.

Die Tschechen reagierten reichlich fassungslos. Verteidigungsministerin Vlasta Parkanová machte ihrem amerikanischen Kollegen klar, dass russische Soldaten auf tschechischem Territorium „angesichts historischer Reminiszenzen“ eine „extrem empfindliche Angelegenheit“ wären. Premier Mirek Topolánek verschlug es regelrecht die Sprache. Er könne und wolle die Überlegungen der Amerikaner nicht kommentieren.

Regierung in der Zwickmühle

Prag steckt jetzt in einem Dilemma. Auf der einen Seite wird man nicht müde, den Russen klarzumachen, dass sich die Radarstation nicht gegen sie richtet. Auf der anderen Seite gibt es die tief sitzende Aversion gegenüber den Russen, die eine Beteiligung Moskaus an dem Projekt quasi unmöglich macht. Es ist sehr wahrscheinlich, dass bei der Abstimmung über die Radarstation im tschechischen Parlament selbst Befürworter des Projekts mit „Nein“ stimmen werden, wenn man sich damit neuerlich russische Soldaten ins Land holen würde. US-Verteidigungsminister Gates beeilte sich denn auch zu erklären, dass die letztgültige Entscheidung über das Angebot an Moskau in Prag fallen müsse.

Die Russen kennen den geplanten Standort für die US-Radarstation in Westböhmen gut. Bis Juni 1991 war er einer ihrer Militärstützpunkte gewesen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 25.10.2007)

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