Deutschland: Häme über schwarz-roten Kuschelkurs

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Bei der Haushaltdebatte im Bundestag schien aller Koalitionszank vergessen.

BERLIN(vier). Wie verflogen waren in der Großen Koalition am Mittwoch die Dissonanzen der vergangenen Wochen über Mindestlohn und Außenpolitik. Nichts sollte offensichtlich bei der Haushaltsdebatte im Bundestag das Bild der Eintracht trüben.

Außenminister Frank-Walter Steinmeier war über Nacht eigens aus Annapolis angereist, um auf der Regierungsbank Platz zu nehmen und mit Regierungschefin Angela Merkel zu tuscheln. Während die Kanzlerin ihre China-Politik verteidigte, ging sie in den Streitfragen des Post-Mindestlohns und der Mitarbeiterbeteiligung auf die SPD zu und entlockte selbst Fraktionschef Peter Struck, einem ihrer schärfsten Kritiker, Worte des Lobs.

Kritik an „Klimaqueen“

Bei der Opposition weckte der neue Kuschelkurs nur Häme. Als Merkel auch noch die beiden deutschen Nobelpreisträger für ihre Erfolgsbilanz vereinnahmte, ätzte FDP-Chef Guido Westerwelle: „Das wäre so, als würde sich die spanische Regierung der Entdeckung Amerikas rühmen.“

Während der Generaldebatte schlägt traditionell die Stunde der Opposition. Die Linken und die Grünen hauten denn auch kräftig auf die Pauke gegen die „Klimaqueen“ Merkel, die sich – so der Vorwurf – gut aufs Repräsentieren verstehe, vor den Lobby-Interessen jedoch einknicke.

Aber es war Westerwelle, der ein rhetorisches Feuerwerk gegen seine Duz-Freundin Merkel und ihre „schwarze Genossen“ abbrannte und im Drüberstreuen gleich auch noch die CSU abwatschte. In einem Rundumschlag wetterte er gegen Inflation und Kinderarmut. An Union und SPD gewandt, höhnte er: „Ihr hasst Euch wie die Pest.“

Wunschdenken offenbarte der Oppositionsführer freilich, als er Merkel die Konsequenz nahe legte: „Ich will da raus.“ In einem Interview schloss die Kanzlerin ein vorzeitiges Ende der Koalition dezidiert aus: „Wer hier unverantwortlich handeln würde, den strafen die Wähler ab.“

("Die Presse", Print-Ausgabe, 29.11.2007)

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