Bushs letzter Kasatschok mit Putin

(c) AP (Alexander Zemlianichenko)
  • Drucken

Gipfel. Abschiedstreffen brachte keine Annäherung bei militärischen Differenzen. Die Stimmung war aber versöhnlich.

Moskau.Die Idylle des Schwarzen Meeres und das Tauwetter wirken beschwingend. Als ein Kosakenchor und ein Tanzensemble am Samstagabend loslegten, hielt George W. Bush und Wladimir Putin nichts mehr auf ihren Sesseln. „Ich bin froh, dass die Presse nicht gesehen hat, wie ich versucht habe zu tanzen“, scherzte der US-Präsident am Sonntag. „Sehr schade“, hielt der Kremlchef entgegen: „Sie hätte sich überzeugen können, dass Sie wunderbar tanzen“.

Am Ende der achtjährigen Amtszeiten der beiden demonstrierte man Freundschaft. In einem Monat zieht Putin aus dem Kreml aus, um den Übergang Russlands in eine neue Ära vom Sessel des Premiers aus zu steuern. Bush übergibt das Staatsruder im Jänner. Zum Abschiedstreffen flog Bush zur Residenz des russischen Präsidenten nahe dem südrussischen Badeort Sotschi. „Wir haben viele Kräfte dafür aufgewendet, um den Kalten Krieg zu beenden“, resümierte Bush dort: Viele würden meinen, dass er weitergeht, aber das stimme nicht: „Er ist schon vorbei“.

Zuletzt war es vor allem um die Aufwärmung des Friedens gegangen, der seit der demonstrativen Verbrüderung der beiden bei ihrem Amtsantritt abgekühlt ist. Putin hatte bei seinem Auftritt auf der Münchner Sicherheitskonferenz im Februar 2007 vor einer US-Weltherrschaft gewarnt und im Zusammenhang mit der umstrittenen US-Raketenabwehr für Osteuropa an Russlands Atomwaffen erinnert. Seither tüftelt der Westen an einer neuen Politik gegenüber Russland. Putin sei ein „starker Anführer“, meinte Bush jetzt: „Ich respektiere die Tatsache, dass Sie ihr Land lieben.“

Putin sucht international nicht Liebe, sondern Respekt und Verständnis. Er verspüre zwar „vorsichtigen Optimismus“, dass es zu einer Einigung über den US-Raketenabwehrschild komme, sagte Putin. In Sotschi blieb sie jedoch aus. Russland lehne weiterhin die Stationierung von Elementen des Schildes in Polen und Tschechien ab, heißt es in einer Erklärung. Beide Seiten wollen aber den Dialog intensivieren und haben Interesse an einem Abwehrsystem gegen etwaige Raketen-Angriffe.

„Ein sehr gescheiter Mensch“

Am besten würden die russischen Sorgen entkräftet, wenn beide Seiten gemeinsam und gleichwertig an einem globalen Abwehrschild arbeiteten, meinte Putin. Wenn dies aber vorerst nicht gelinge, würde Russland darauf bestehen, dass die US-Raketenabwehr maximal transparent sei und unter permanenter Inspektion durch Russland stehe. Die USA hatten vor Kurzem die prinzipielle Möglichkeit zu Inspektionen vorgeschlagen.

Die als Bilanz der achtjährigen Beziehungen in Sotschi angenommene strategische Rahmenerklärung enthält laut Putin nicht nur „all das Positive, das in den letzten Jahren getan worden ist“, sondern spiegle eben „auch die bestehenden Meinungsverschiedenheiten, vor allem im militärisch-politischen Dossier, wider“. So blieb eine Einigung über den Ersatz des Start-Kontrollabkommens über nukleare Waffen aus. Und die Nato-Osterweiterung ist laut Putin eine „Politik der alten Logik, die in Moskau einen Gegner sehe.

Russland sei kein Feind, sondern ein Land, mit dem man zusammenarbeiten müsse, meinte Bush. Und dankte Putin für die „sehr wichtige Initiative“, dem Iran Kernbrennstoff angeboten zu haben, damit Teheran auf eine eigene Urananreicherung verzichtet.

„Es war mir immer angenehm und interessant, mit dem US-Präsidenten gearbeitet zu haben“, sagte Putin zum Abschied. Sein Nachfolger Dmitri Medwedew, der in Sotschi auch mit Bush zusammentraf, betonte, sich um konstruktive Beziehungen zu den USA bemühen zu wollen. Und Bush formulierte seine Eindrücke vom Thronerben: „Sehr positiv, ein sehr gescheiter Mensch“.

DIE DIFFERENZEN

US-Präsident Bush ist für die Nato-Erweiterung und möchte auch Länder wie die Ukraine aufnehmen. Er tritt für die Stationierung von Komponenten eines Raketenabwehrsystems in Polen und Tschechien ein.

Russlands Präsident Putin steht der Nato-Erweiterung skeptisch gegenüber – besonders jener in Moskaus bisherigem Einflussgebiet. Die Raketenabwehr sieht er als Problem für die Sicherheit seines Landes, obwohl sie laut den USA vor allem auf Angriffe aus dem Iran ausgelegt ist.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 07.04.2008)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.