Republikaner fordern Gewissenstest für Moslems

Former Speaker of the House Newt Gingrich speaks at a rally for U.S. Republican presidential candidate Donald Trump at the Sharonville Convention Center in Cincinnati, Ohio
Former Speaker of the House Newt Gingrich speaks at a rally for U.S. Republican presidential candidate Donald Trump at the Sharonville Convention Center in Cincinnati, OhioREUTERS
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Die Mordfahrt von Nizza animiert führende republikanische Politiker zu verschärften Angriffen auf Anhänger des islamischen Glaubens. Die Anhänger Donald Trumps befürworten nun eine besonders harte Linie.

Washington. Newt Gingrich, der 73-jährige frühere Vorsitzende des US-Abgeordnetenhauses, hat die seit Monaten lodernde amerikanische Debatte um den Umgang mit islamistischem Terror in der Nacht auf Freitag auf einen neuen Tiefpunkt geführt. In einem Interview mit dem Nachrichtensender Fox News unmittelbar nach der Amokfahrt von Nizza fordert Gingrich die Einführung eines Gewissenstests für alle in den USA lebenden Moslems. Bestünden sie ihn nicht, sollten sie des Landes verwiesen werden.

„Ehrlich gesagt sollten wir jede Person testen, die hier lebt, und wenn sie an die Scharia glaubt, sollte sie deportiert werden“, sagte der enge Vertraute von Präsidentschaftskandidat Donald Trump. „Jeder, der eine Website besucht, die IS oder al-Qaida lobt, sollte ins Gefängnis gehen.“

Gingrich, der bis zuletzt im Rennen um die Vizepräsidentschaft Trumps war, forderte auch die Überwachung moslemischer Gotteshäuser: „Lassen Sie es mich sehr klar sagen: Man muss die Moscheen überwachen. Ich meine, wenn man nicht bereit ist, die Moscheen zu überwachen, ist die ganze Sache ein Witz. Wo glauben Sie, dass die Hauptquelle der Rekrutierung ist?“

Die Radikalisierung junger Moslems in Moscheen war zumindest in Frankreich und Belgien bis vor etwa einem Jahrzehnt ein Problem. Dann begannen die Behörden, verdächtige Gemeinden zu observieren und radikale Imame aus dem Verkehr zu ziehen, und die Missionierung salafistischer und wahabitischer Hassprediger verlagerte sich in diskrete „Sozialklubs“ und vor allem in die Gefängnisse. Abgesehen davon, dass Gingrichs Forderung gegen den ersten Zusatz zur US-Verfassung verstieße, der es dem Kongress verbietet, Religionen per Gesetz zu diskriminieren, ist also auch seine Wirksamkeit im Kampf gegen den Jihadismus zweifelhaft.

Ex-General greift Moslems an

Trump selbst raunte via Twitter neben einer Kondolenzbekundung an das französische Volk bloß: „Wann werden wir lernen? Es wird nur schlimmer.“

Ein weiterer enger politischer Vertrauter Trumps sorgte allerdings ebenso wie Gingrich für Erstaunen. „In den nächsten 24 Stunden fordere ich arabische und persische ,Weltführer‘ dazu heraus, sich zu bekennen und zu erklären, dass ihre islamische Ideologie krank ist und geheilt werden muss“, erklärte Generalleutnant i. R. Mike Flynn, der frühere Direktor des US-Militärgeheimdienstes, ebenfalls via Twitter. Wen er genau meinte und was schiitische Staatsmänner mit dem Terror sunnitischer Terroristen zu tun haben sollen, ließ Flynn offen.

Gingrich und Flynn trafen mit ihren Aussagen jedenfalls den Ton ihres Kandidaten. In einer Umfrage von Pew Research erklärten 64 Prozent der Trump-Anhänger, dass Moslems genauer überwacht werden sollten. Jene erklärten Republikaner, die Trump ablehnen, befürworten das hingegen nur zu 47 Prozent.

Kerry reicht Moskau die Hand

Unterdessen enthüllte die „Washington Post“, dass Außenminister John Kerry Russland angeboten hat, geheimdienstliche Informationen über die Positionen der al-Nusra-Front in Syrien auszutauschen, die dortige Terrormiliz von al-Qaida. Angriffe gegen sie könnten von amerikanischen oder russischen Kampfflugzeugen geflogen werden und von einer gemeinsamen Leitstelle in Jordaniens Hauptstadt Amman geführt werden. Bei Kerrys Besuch in Moskau am Freitag war dieser Vorschlag zumindest offiziell kein Thema.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 16.07.2016)

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