Einer Erhebung zufolge punkten die Rechtspopulisten bei Arbeitern, Arbeitslosen und Selbstständigen.
Wien/Schwerin. Hier passt der Ausdruck Protestpartei. Nach den Wahlen im deutschen Bundesland Mecklenburg-Vorpommern und dem kometenhaften Aufstieg der rechtspopulistischen AfD hat das Meinungsforschungsinstitut Infratest Dimap die Motive der AfD-Wähler unter die Lupe genommen. Demnach gaben über die Hälfte – 66 Prozent – an, aus Frust und Protest gegen die etablierten Parteien die Rechtspopulisten gewählt zu haben. Überzeugt vom AfD-Programm zeigten sich dabei nur 25 Prozent.
Der AfD ist es bei dieser Wahl gelungen, Nichtwähler zu mobiliseren, auch deswegen ist die Wahlbeteiligung auf 60,5 Prozent gestiegen. Die Sozialdemokraten konnten den ersten Platz behaupten, Ministerpräsident Erwin Sellering will nun neben dem bisherigen Koalitionspartner CDU mit der Linkspartei über eine Koalition verhandeln.
Insgesamt 56.000 Nichtwähler haben Infratest Dimap zufolge ihre Stimmen abgegeben, die AfD hat aber auch kräftig im Pool anderer Parteien gefischt. Vor allem sind ehemalige CDU-Wähler und Wähler der rechtsextremen NPD zur AfD hinübergewechselt, aber auch SPD- und Linke-Wähler sind übergelaufen. In eine spezifische gesellschaftliche Schicht lassen sich die AfD-Stimmen indessen nicht einordnen. Die Rechtspopulisten waren sowohl bei den Arbeitslosen, den Arbeitern als auch bei den Selbstständigen die Siegerpartei. Viele AfD-Wähler sind in der mittleren und unteren Bildungsschicht angesiedelt, wobei bei dieser Wählerschicht die Sozialdemokraten die meisten Stimmen erhalten haben.
Obwohl in Mecklenburg-Vorpommern vergleichsweise wenige Flüchtlinge leben, gaben über die Hälfte (52 Prozent) der AfD-Wähler genau dieses Motiv für ihre Entscheidung an.
Bisher ist die AfD damit aufgefallen, eher junge Wähler anzuziehen – in Mecklenburg-Vorpommern gestaltete sich das anders. Abgesehen davon, dass vor allem Männer (ein Viertel aller Wähler) bei der AfD ihr Kreuz gemacht haben, konnte die Partei diesmal bei Bürgern mittleren Alters zwischen 35 und 60 Jahren punkten. Bei den ganz Jungen liegen die Rechtspopulisten auf gleicher Ebene mit der CDU und den Linken. (red.)
("Die Presse", Print-Ausgabe, 06.09.2016)