Nach dem Wahlsieg Trumps werden die Karten der Weltpolitik neu gemischt. Fest steht aber: Auch 2017 stehen Terror, die Flüchtlingskrise und Richtungswahlen auf der Agenda.
Er ist wohl der größte Unsicherheitsfaktor für das nächste Jahr: Der künftige US-Präsident Donald Trump. Viel im Weltgeschehen wird davon abhängen, welchen außenpolitischen Weg er einschlägt. Doch wie in den Jahren zuvor wird 2017 auch von Terror und dem Umgang mit Migranten geprägt sein. Mit Spannung wird erwartet, welche Auswirkungen Trumps Sieg in den USA auf den Wählerwillen in Europa haben wird. Und die Sanktionen, die US-Präsident Barack Obama erst am 29. Dezember gegen Russland verhängte, belasten das ohnehin schon sehr gestörte Verhältnis zwischen Moskau und Washington weiter. Hier wird die große Frage sein, wie Russland-freundlich Trump wirklich ist. Eine außenpolitische Vorausschau.
Vieles wird nächstes Jahr davon abhängen, wie der rechtspopulistische US-Präsident Donald Trump sein Amt anlegt. Traditionellen Bündnisstrukturen und diplomatischen Gepflogenheiten scheint er keinen großen Wert beizumessen. So befürchten die osteuropäischen NATO-Partner und die Ukraine, dass sich der neue US-Präsident auf ihrem Rücken mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin verständigen könnte. Saudi-Arabien hat ähnliche Ängste, was den syrischen Machthaber Bashar al-Assad betrifft, dessen Sturz dank russischer und iranischer Militärhilfe utopisch geworden ist. REUTERS/Lucas Jackson/File Photo Abzuwarten bleibt vor allem, wie stark sich Trump in seiner Außenpolitik von traditionellen US-Werten wie Demokratie, Menschenrechte oder Freihandel leiten lassen wird. Doch könnte ein unkonventioneller US-Präsident genau das sein, was eine aus den Fugen geratene Welt braucht. Trumps Zugang, "ungewöhnliche Fragen" zu stellen, sei eine "außergewöhnliche Gelegenheit" angesichts von neuen Themen und einem "Vakuum" in der Weltpolitik, meinte der legendäre Ex-US-Außenminister Henry Kissinger kürzlich. Und nach der jüngsten Verhängung von Sanktionen gegen Moskau durch den scheidenden Präsidenten Obama könnte Trump das Verhältnis zu Moskau wieder entspannen. REUTERS/Carlo Allegri Der Trump-Schock wird wohl drei Urnengänge in Europa beeinflussen. Bei den niederländischen Parlamentswahlen am 15. März wird ein Sieg der rechtspopulistischen Freiheitspartei (PVV) von Geert Wilders erwartet, die sich offensiv für einen "Nexit" ausspricht. Bei den französischen Präsidentenwahlen am 23. April und 7. Mai wird es wohl zu einem Duell zwischen der Rechtspopulistin Marine Le Pen und dem konservativen Ex-Premier Francois Fillon kommen. REUTERS/Jean-Paul Pelissier/File Photo Die deutsche Bundestagswahl im September wird fast sicher einen politischen Dammbruch bringen: Erstmals seit dem Zweiten Weltkrieg wird mit der "Alternative für Deutschland" (AfD) eine rechtspopulistische Partei ins deutsche Parlament einziehen. Angela Merkel dürfte als Bundeskanzlerin wohl weitermachen können, weil sie trotz ihrer umstrittenen Flüchtlingspolitik weiterhin höhere Beliebtheitswerte als ihre Herausforderer hat. Einen potenziell gefährlichen Konkurrenten verliert sie im Februar, wenn die Bundesversammlung den populären Außenminister Frank-Walter Steinmeier zum neuen deutschen Bundespräsidenten wählt. APA/dpa/Marijan Murat Der Brexit wird die Europäische Union auch 2017 beschäftigen: Spätestens Ende März will die britische Regierung die förmliche Austrittserklärung nach Artikel 50 des Lissabonner Vertrags an Brüssel schicken. Der Artikel regelt den Austritt eines Landes aus der EU. Danach tickt die Uhr. Zwei Jahre sind für die Verhandlungen vorgesehen. Viel zu wenig, um die komplexen Frage zu klären, die sich für das künftige Verhältnis zwischen London und den 27 EU-Staaten stellen. Spekuliert wird daher bereits über ein vorläufiges Abkommen. Doch noch scheint die britische Regierung uneins zu sein, was sie bei den Verhandlungen erreichen will. Zugang zum Binnenmarkt oder Kontrolle über ihre Grenzen? Beides, so scheint es, werden die Briten nicht bekommen. Dazu gibt es noch rechtliche Hürden, die den Beginn der Austrittsverhandlung erheblich verzögern könnten. REUTERS/Toby Melville Die Flüchtlingskrise in Europa hat sich nur scheinbar etwas beruhigt. Wegen des Kriegs in Syrien und der vielen Krisen Afrikas richtet sich die EU darauf ein, dass weiter Hunderttausende kommen wollen. EU-Migrationspartnerschaften mit afrikanischen Ländern sollen dies bremsen. Gleichzeitig will die EU ihre Außengrenzen stärker schützen. Soweit ist man sich einig. Doch die 28 Staaten streiten weiter über die große Linie der Asylpolitik und die Verteilung der Menschen. Und ein großes Fragezeichen steht hinter dem Flüchtlingspakt mit der Türkei: Macht Ankara - wie bereits angedroht - die Grenzen nach Europa wieder auf? Die EU sucht immer noch ihren Plan B. APA/AFP/ARIS MESSINIS Die Türkei bleibt in anderer Hinsicht auf der politischen Agenda: Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan dürfte nächstes Jahr eine ihm auf den Leib geschneiderte Verfassung bekommen, die ihm unter anderem das Regieren per Dekret ermöglichen wird. Das dafür erforderliche Verfassungsreferendum dürfte im Sommer stattfinden. Mit Spannung wird erwartet, ob Erdogan auch Ernst macht mit seiner Ankündigung, die Todesstrafe wieder einzuführen. Das wäre der Todesstoß für die Beitrittsverhandlungen mit der EU. APA/AFP/ADEM ALTAN Im Konfliktgebiet Ostukraine unterscheidet sich die militärische Lage zum Jahresende 2016 unwesentlich von der Situation im Vorjahr. Sowohl prorussische Separatisten als auch die Regierungstruppen missachten den Beobachtern der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) zufolge die Waffenruhe. In dem Krieg starben schon etwa 10.000 Menschen. Neuere Vereinbarungen - wie der Abzug schwerer Waffen oder die Verbesserung der humanitären Situation der Zivilbevölkerung in den abtrünnigen Gebieten - harren ihrer Umsetzung. Initiativen wie die Entflechtung der Konfliktparteien mit einem Sicherheitsabstand von etwa zwei Kilometern sind ins Stocken geraten. Wesentliche Fortschritte sind auch 2017 unwahrscheinlich. REUTERS/Valentyn Ogirenko In einer Umfrage des US-amerikanischen Thinktanks "Council on Foreign Relations" sahen 500 Außenpolitik-Experten aus den USA noch einen weiteren möglichen Konflikt ganz oben auf der Agenda: Eine absichtliche oder unbeabsichtigte militärische Konfrontation eines Nato-Mitgliedsstaats mit Russland. Die Annexion der Krim im Jahr 2014 hat in Polen und am Baltikum Ängste vor einer russischen Expansion geschürt. Moskau fühlt sich aufgrund der Nato-Truppenaufstockung in die Enge getrieben. Die Anzahl an Zwischenfällen in der Ostsee und im Luftraum in der Region ist stark gestiegen. APA/AFP/VANO SHLAMOV Außerhalb Europas ist der Kampf gegen die Terrormiliz Islamischer Staat (IS) auch 2017 Thema. Sie gerät militärisch in Syrien und im Irak immer stärker in Bedrängnis. Aber auch wenn sie immer mehr Territorium verliert, bleibt sie im Jahr 2017 gefährlich. In den Gebieten, die sie bereits verloren haben, operieren die Extremisten wieder mit alter Taktik: Selbstmordattentate und Bombenanschläge aus dem Untergrund. Auch für Syrien ist kein Ende der Kämpfe in Sicht, obwohl das Assad-Regime immer mehr Gebiete im Land kontrolliert. Doch die Rebellen gruppieren sich neu. Unsicherheit birgt auch die Rolle der Kurden, die entlang der türkischen Grenze einen großen Streifen Land eingenommen haben - und so schnell nicht wieder abgeben werden. REUTERS/Dado Ruvic/Illustration/File Photo Angesichts der Bürgerkriege in Syrien und dem Irak präsentiert sich der Iran immer mehr als Stabilitätsanker, während das Ansehen der traditionell mit dem Westen verbündeten Golfstaaten durch die Aktivitäten sunnitischer Terrororganisationen wie des IS in Mitleidenschaft gezogen wurde. Mit Spannung werden die Parlamentswahlen am 19. Mai erwartet, wo es wieder zu einem Kräftemessen zwischen den Konservativen und den Reformern rund um Präsident Hassan Rouhani kommen wird. Neuerliche Sanktionen durch die USA könnten den Konservativen Auftrieb geben. REUTERS/Morteza Nikoubazl/File Photo Auf den ab Jänner neu amtierenden UN-Generalsekretär António Guterres wird damit viel Arbeit zu kommen. Der 67-jährige Portugiese muss sich mit Trump und seiner neuen UN-Botschafterin Nikki Haley auf zwei große Unbekannte einstellen. Der Einfluss der USA innerhalb der Vereinten Nationen ist bis heute enorm, und niemand kann derzeit abschätzen, welche Rolle Washington künftig im internationalen Gefüge spielen will und wird. Auch innerhalb der Weltorganisation gibt es Baustellen genug. Guterres könnte die längst überfällige Reform des Sicherheitsrats vorantreiben und schleppende Abläufe beschleunigen. Unmittelbar nach seiner Vereidigung versprach er, die UN schlanker und effizienter machen zu wollen. APA/AFP/EDUARDO MUNOZ ALVAREZ Außenpolitische Baustellen: Was 2017 auf die Welt zukommt
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