Schwierige Einigung im Kampf gegen Rassismus

Justizministertreffen. Österreich muss Verhetzungsparagraf verschärfen.

LUXEMBURG/wien. Die EU-Staaten wollen die Leugnung des Holocaust in der gesamten Union strafbar machen und die Anti-Rassismus-Gesetze verschärfen. Doch eine Einigung über neue Mindeststandards gestaltete sich am Donnerstag schwieriger als erwartet. So verlangte Litauen eine rechtliche Gleichstellung der Verbrechen des Dritten Reichs mit jenen des Stalinismus. Auch Slowenien hatte in letzter Minute noch Einwände angemeldet.

Justizministerin Maria Berger (SPÖ) zeigte sich dennoch zuversichtlich, dass eine Einigung zustande kommen könne. Sie betonte, dass Österreich mit dem Verbotsgesetz bereits einen hohen Standard im Kampf gegen nationalsozialistische Wiederbetätigung erfülle. Die neuen EU-Mindestnormen würden laut Justizministerium erstmals ermöglichen, dass Holocaust-Leugner künftig europaweit verfolgt werden können. Der Neonazi Gerd Honsik, der sich den heimischen Behörden mit einer Ausreise nach Spanien entzog, müsste künftig ausgeliefert werden. Bisher war in Spanien die Leugnung des Holocaust nicht strafbar.

Schutz von Einzelpersonen

Im Kampf gegen Verhetzung müsste Österreich allerdings den betreffenden Paragrafen im Strafgesetzbuch verschärfen. Denn derzeit wird der Verhetzungsparagraf lediglich dann schlagend, wenn Gefahr für die Öffentliche Ordnung besteht. Künftig müsste er auch angewandt werden, wenn Gefahr für eine betroffene Person oder Gruppe bestehen könnte. In Kraft treten wird der EU-Beschluss, über den am Donnerstag bis in die Abendstunden gerungen wurde, erst in drei Jahren. Bis dahin müssen alle EU-Mitgliedstaaten ihre Rechtssysteme anpassen. Grundsätzlich soll die Aufstachelung zu Hass und Gewalt gegen einzelne religiöse oder ethnische Gruppen EU-weit mit mindestens ein bis drei Jahren Haft bestraft werden.

Für die skandinavischen Länder und Großbritannien sind die neuen EU-Regeln ein Einschnitt in ihre rechtliche Tradition. In diesen Ländern hatte nämlich bisher die Meinungsfreiheit einen höheren Stellenwert als etwa der Kampf gegen Holocaust-Leugner und rassistische Hetzer. Freilich wurde wegen dieser Länder der Gesetzesentwurf bereits im Vorfeld verwässert.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 20.04.2007)

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