Erweiterung: Mehr Härte gegen EU-Neulinge

Rumänien und Bulgarien sollen für mangelnden Reformeifer bestraft werden.

Brüssel (ag., basta, do.). Unter den „alten“ EU-Staaten wächst der Unmut über die schleppenden Reformen in den beiden jüngsten Mitgliedsländern Bulgarien und Rumänien. Laut einem Bericht der „Financial Times“ machen Großbritannien, Frankreich, die Niederlande und Schweden jetzt gemeinsam Druck auf die EU-Kommission, damit diese mit Sofia und Bukarest strenger ins Gericht geht und eventuell auch von Strafmaßnahmen Gebrauch macht.

Vor allem bei der Korruption und der Justizreform gehe kaum etwas weiter. Der für Juni geplante Fortschrittsbericht sollte deshalb „rigoros“ ausfallen, fordern die vier EU-Botschafter. Die Kommission wies den Vorwurf der Milde zurück: „Im Juni werden wir einen sehr genauen und strengen Bericht zu den Reformfortschritten veröffentlichen“, so ein Sprecher.

Die „kleine Erweiterung“ um Bulgarien und Rumänien war von Anfang an umstritten. Die beiden Staaten seien schlicht nicht reif für einen EU-Beitritt, meinten viele. Einige bereuen die Entscheidung bis heute ganz offen. Die deutsche EU-Abgeordnete Doris Pack (CDU) etwa meinte erst vor kurzem: „So einen Fehler werden wir kein zweites Mal machen.“

Um die Skeptiker zu beruhigen, wurden Bulgarien und Rumänien in der EU-Geschichte bisher einmalige Sanktionen angedroht, falls ihr Reformeifer nach dem Beitritt erlahmen sollte. Die EU-Kommission kann Fördermittel kürzen oder aussetzen sowie die Anerkennung justizieller Entscheidungen Bulgariens oder Rumäniens verweigern und die beiden Staaten von der automatischen Durchsetzung europäischer Haftbefehle ausnehmen.

Tatsächlich haben Rumänien und Bulgarien in den vier Monaten seit ihrem EU-Beitritt nicht gerade durch überschwänglichen Reformeifer geglänzt. Vor allem die Korruption bleibt ein Problem. Rumänien versank vor einigen Wochen vollends in der schwelenden Regierungskrise zwischen Premier Calin Popescu Tariceanu und dem mittlerweile abgesetzten Präsidenten Traian Basescu. Dieser Krise fiel auch die Justizministerin und Korruptionskämpferin Monica Macovei zum Opfer.

Bulgarien hat kaum Fortschritte bei der Austrocknung der korrupten Sümpfe rund um seine politischen Biotope gemacht. So wurde seit dem Beitritt praktisch keine hochrangige Persönlichkeit für Bestechlichkeit oder Geschenkannahme vor Gericht gestellt. „Transparency International“ schätzt, dass jeder Bulgare rund 80 Euro Schmiergeld im Jahr bezahlt. Ein Beamter etwa genehmigte Anträge für Hausbauten nur, wenn die Antragsteller vorher die Zeichnungen seiner Kinder zu etwas übertriebenen Preisen erwarben.

Kritik an EU-Justizkommissar

In den Konflikt um Brüssels Nachsichtigkeit gegenüber den EU-Neulingen ist auch der direkt mit dem Korruptionsproblem befasste EU-Innenkommissar Franco Frattini hineingeraten. Ihm wird vorgeworfen, ein zu nahes Verhältnis zu Bulgariens Innenminister Rumen Petkov zu pflegen. Mit diesem war Frattini im Februar Skifahren. Frattinis Sprecher verwahrte sich gegen diese Unterstellung. Der Ausflug habe im Rahmen eines Arbeitsbesuchs stattgefunden. Man weise jede Behauptung eines Interessenskonflikts weit von sich. Glosse Seite 39

Inline Flex[Faktbox] SCHUTZKLAUSELN("Die Presse", Print-Ausgabe, 28.04.2007)

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