Rechnungshof fordert mehr Kontrolle über EU-Förderungen

Finanzgebarung. Die österreichischen Prüfer wollen auch Direktzahlungen ins Visier nehmen.

Wien.Der österreichische Rechnungshof will in Zukunft mehr Kontrolle über die Vergabe von EU-Mitteln im eigenen Land. Diese Forderung erheben Österreichs oberste Finanzprüfer anlässlich ihres ersten EU-Finanzberichts. Derzeit darf der heimische Rechnungshof nämlich nur jene Gelder prüfen, die über öffentliche Haushalte verteilt werden – also etwa die gesamte Förderung für die Landwirtschaft. Dafür entgehen ihm aber alle Direktzahlungen, zu denen unter anderem die Unterstützung für die Forschung zählt.

Im Jahr 2006 machten diese Direktzahlungen immerhin 191 Millionen Euro aus. „Es ist dringend erforderlich, dass wir auch für diese Zahlungen zuständig sind“, sagte eine Sprecherin des Rechnungshofes zur „Presse“.

Mit diesem Kontrollanspruch liegt der österreichische Rechnungshof voll im Trend der europäischen Politik. Immerhin wird der Missbrauch von EU-Geldern von Skeptikern oft als Argument gegen die gesamte Europäische Union ins Treffen geführt – selbst wenn die tatsächliche Misswirtschaft vergleichsweise gering ist. Auch das EU-Parlament will mehr Einsicht in die Verwendung europäischer Gelder.

Dort, wo der österreichische Rechnungshof prüfen durfte, stellt er der Regierung ein sehr gutes Zeugnis aus – vor allem bei der Ausnutzung und der Vorausschätzung der Gelder. Spitzenreiter ist Österreich bei den Programmen für die ländliche Entwicklung. Da wurden die Gelder zu hundert Prozent ausgenutzt. Gelobt wird auch, dass Österreichs Beamte gut einschätzen können, wie viel Geld benötigt wird. Mit einer Abweichung von nur drei Prozent ist Österreich der Musterschüler unter den 27 EU-Staaten.

Mehr einbezahlt, weniger bekommen

Der Rechnungshof bestätigt aber auch, dass sich Österreichs Mitgliedschaft bei der EU seit 2002 kontinuierlich verteuert hat. Das bedeutet, dass die Schere zwischen dem, was in die EU-Kassen eingezahlt wird und dem, was daraus nach Österreich zurückfließt, immer weiter auseinander klafft. Die Ausnahme bildet das Jahr 2005, als es hohe Förderungen aus Brüssel gab.

Österreich gehört allerdings mit durchschnittlich knapp 300 Millionen Euro Nettobeitrag pro Jahr nicht zu den größten Finanziers der EU. Unter den elf Nettozahlern liegt Deutschland klar an der Spitze, gefolgt von Frankreich und den Niederlanden. Österreich rangiert auf Platz acht. Auf Grund der guten wirtschaftlichen Entwicklung in den neuen EU-Staaten dürften die Geldgeber der Union bald Zulauf aus den Reihen der Empfängerstaaten erhalten. Malta, Zypern und Slowenien stehen kurz davor, Nettozahler zu werden.

Die größten Nettoempfänger sind aber auch nach der Erweiterung die „alten“ EU-Staaten: Spanien, Griechenland und Portugal. Dann folgt Polen, das bisher allerdings noch nicht alle ihm zustehenden Agrarförderungen erhält.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 01.06.2007)

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