EU-Reform: Verfassung: „Die zweite Runde ist die letzte“

Frans Timmermans.
Frans Timmermans.(c) EPA (Mario De Renzis)
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Die Niederlande machen Druck für einen „kleinen“ EU-Vertrag, der kein Referendum benötigt.

Den Haag (do, htz).Die Niederlande können sich kein zweites Nein zu einem neuen EU-Grundlagenvertrag erlauben. Sollte dieser noch einmal abgelehnt werden, dann wäre das Land innerhalb der Europäischen Union isoliert. „Die zweite Runde ist die letzte Runde,“ sagte der niederländische Europaminister Frans Timmermans vor kurzem in Den Haag.

Derselben Meinung ist auch der niederländische Außenminister Maxime Verhagen. Zwei Wochen vor dem entscheidenden EU-Gipfel in Brüssel hat die niederländische Regierung daher eine Charme-Offensive in den anderen Mitgliedstaaten gestartet. Ihr Ziel: die Verfassung auf eine normale Vertragsänderung zu reduzieren.

Dieses Anliegen brachte Verhagen gestern, Dienstag, auch bei seinem Besuch bei Außenministerin Ursula Plassnik vor. Seine Forderungen: keine Symbole wie eine Hymne, kein Außenminister, mehr Macht für die nationalen Parlamente, die Verankerung der Aufnahmefähigkeit der EU bei Erweiterungen und keine Grundrechtecharta. Diese sollte nur in Form eines verweisenden Artikels repräsentiert sein. Diese Punkte müssten berücksichtigt werden, um ein neuerliches Referendum zu vermeiden, so Verhagen.

Plassnik ließ offen, ob Österreich, das die alte EU-Verfassung bereits ratifiziert hat, mit dieser reduzierten Variante leben könnte, lobte aber die „Ent-Emotionalisierung“ der Debatte: „Vokabel wie ,tot‘ sind beerdigt“, sagte sie. Man müsse jetzt identifizieren, wo der Schuh drückt.

Plassnik machte allerdings kein Hehl daraus, dass sie wenig Sympathie für ein Europa der verschiedenen Geschwindigkeiten hat. Der italienische Ministerpräsident Romano Prodi hatte gemeint, dass ja nicht alle EU-Staaten die Verfassung akzeptieren müssten. Plassnik ist anderer Meinung: „Wir brauchen eine gemeinsame Basis für alle Mitglieder der EU“, sagte sie. „Von vornherein auf ein Vertragswerk zuzusteuern, das nicht für alle 27 gilt, ist eine Entwicklung, die ich nicht möchte und nicht für zuträglich halte.“

Auf jeden Fall aber dränge die Zeit. Plassnik möchte bis Jahresende einen neuen EU-Vertrag. „Es gibt keine vernünftige Möglichkeit, ohne eine klare Rechtsbasis in die EU-Wahlen 2009 zu gehen.“

Druck auf Den Haag wächst

In den Niederlanden wächst indes allen Bemühungen der Regierung zum Trotz der Druck der Verfassungsgegner. Exakt zwei Jahre nachdem eine Mehrheit von 62 Prozent den Verfassungsentwurf abgelehnt hat, machen vor allem die links von den mitregierenden Sozialdemokraten (PvdA) stehenden Sozialisten (SP) gegen jede Form der Vertragsänderung mobil. SP-Sprecher Harry van Bommel, der schon vor zwei Jahren die Kampagne gegen den EU-Verfassungsvertrag anführte, eröffnete eine neue Nein-Offensive.

Ob es eine zweite Volksabstimmung geben wird, hängt aber in erster Linie von dem höchsten Beraterorgan „Raad van State“ ab, das beurteilen muss, ob ein Referendum notwendig sein wird.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 06.06.2007)

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