Migranten: Brüssel will Bleiberecht nach fünf Jahren

Das lange Warten auf eine Asylentscheidung ist für viele Flüchtlinge eine Qual und erschwert die Integration.
Das lange Warten auf eine Asylentscheidung ist für viele Flüchtlinge eine Qual und erschwert die Integration.(c) DiePresse (Clemens Fabry)
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EU-Kommissar Frattini schlägt mehr Rechte für Flüchtlinge vor.

Brüssel/WIEN. Sie kommen und bleiben. Doch über viele Jahre hinweg wird Flüchtlingen und schutzberechtigten Zuwanderern eine Gleichstellung mit EU-Bürgern verwehrt. Die Folgen sind mangelnde Integration, hohe Kosten für den Staat und ungenützte Ressourcen von teilweise gut ausgebildeten Fachkräften. Um das zu ändern, will EU-Innenkommissar Franco Frattini am heutigen Mittwoch ein Bleiberecht für alle Migranten vorschlagen, die sich seit fünf Jahren legal in der EU aufhalten. Sie sollen damit auch einen freien Zugang zum Arbeitsmarkt erhalten und könnten sich nach Belieben in der gesamten Union niederlassen.

Vor allem für Flüchtlinge und jene, die aus Menschenrechtsgründen schutzberechtigt sind, würde diese Regelung eine deutliche Verbesserung bringen. Das UN-Hochkommissariat für Flüchtlinge (UNHCR) befürwortet den Vorstoß. „Das würde eine Lücke bei der Integration schließen“, so Roland Schönbauer vom UNHCR. Derzeit sind nämlich Flüchtlinge, auch wenn ihr Asylantrag positiv bewertet wurde, von der Reise- und Niederlassungsfreiheit in der EU ausgeschlossen. Sogenannte „subsidiär Schutzberechtigte“, die aus Menschenrechtsgründen aufgenommen wurden, haben beispielsweise in Österreich vorerst keinen freien Zugang zum Arbeitsmarkt und werden bei Sozialleistungen diskriminiert.

Dem Vernehmen nach wären Asylwerber, deren Verfahren bereits länger als fünf Jahre dauert, nicht von der EU-Regelung betroffen. Nur wer bereits einen Flüchtlingsstatus zuerkannt bekommen hat, soll auch ein Bleiberecht erhalten.

Der UNHCR hatte zuletzt allerdings vorgeschlagen, dass alle Asylwerber nach sechs Monaten automatisch Zugang zum Arbeitsmarkt erhalten sollen. Das Flüchtlingshochkommissariat argumentiert, dass die lange dauernden Asylverfahren samt dem de facto Berufsverbot während der Prüfung (Ausnahmen gibt es nur für Tätigkeiten als Erntehelfer und Saisonniers) eine Integration der Flüchtlinge behindern würden.

Regelung für Langzeitasylwerber

In Österreich haben sich die Grünen, Amnesty International und Kirchenvertreter dafür ausgesprochen, dass auch Langzeitasylwerber ein Bleiberecht erhalten sollen. Ihre Forderung wurde durch eine Äußerung des Präsidenten des Verfassungsgerichtshofs (VfGH) Karl Korinek in einem Interview mit den „Vorarlberger Nachrichten“ bestärkt. Korinek sieht ein solches Bleiberecht als rechtlich notwendig. Es sei eine Tatsache, dass Asylwerber, die sich nichts zu Schulden kommen lassen, nach einer gewissen Zeit ein Bleiberecht haben. Befragt nach der Aufenthaltsdauer, ab der ein solches Recht erworben sei, nannte Korinek ebenfalls fünf Jahre. Innenminister Günther Platter (ÖVP) hat allerdings eine solche Änderung des Fremdengesetzes noch vor wenigen Tagen ausgeschlossen.

EU-Innenkommissar Franco Frattini wird gleichzeitig mit dem Bleiberecht auch einen Vorschlag zur Vereinheitlichung des Asylrechts in allen 27 Mitgliedstaaten vorlegen. Einige EU-Länder fordern in diesem Rahmen auch eine Reform der sogenannten Dublin-II-Regelung. Sie sieht vor, dass weitergewanderte Flüchtlinge in das Land zurückgeschickt werden können, in das sie als erstes eingewandert sind. Südliche EU-Mitgliedsländer wie Italien und Malta kritisieren, dass diese Regelung eine Lastenteilung behindere.

IN ZAHLEN

In Österreich wurde seit dem Jahr 2000 rund 20.000 Asylwerbern der Flüchtlingsstatus gewährt. 5000 weiteren Personen wurde aus Menschenrechtsgründen ein Aufenthalt in Österreich erlaubt.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 06.06.2007)

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