Rechnungshof-Bericht: EU-Agrargelder für Golfplätze

Wofür landwirtschaftliche Förderungen genützt werden können, wird in den EU-Staaten sehr fantasievoll interpretiert. Golfer und Reiter freut das.

LUXEMBURG. Der Bericht des Europäischen Rechnungshofes für das Jahr 2006, der diese Woche in Luxemburg präsentiert wurde, hat einige interessante Schmankerl zu Tage gefördert: Nicht alles, was als Agrarförderung an die Mitgliedstaaten fließt, muss auch für die Subvention bäuerlicher Aktivitäten verwendet werden. Betreiber von dänischen und britischen Golfplätzen, von schwedischen und deutschen Reitklubs profitieren ebenfalls davon. Detto englische Eisenbahngesellschaften und so manche Stadtverwaltung.

Das Geheimnis dahinter ist rasch gelüftet: Die Europäische Union setzt ihre Agrarsubventionen nicht nur zur Direktförderung bäuerlicher Produkte ein, sondern unter dem Schlagwort der „ländlichen Entwicklung“ zunehmend auch für die Pflege von Landschaft und Umwelt. Wer sein Umland nicht brach liegen lässt, darf dafür mit einer Entschädigung rechnen. Hintergrund dieses Schwenks ist, dass im Rahmen der Welthandelsorganisation WTO der Druck auf die EU zunimmt, die Subventionen für landwirtschaftliche Produkte zu reduzieren.

Wer bewirtschaftet, kriegt Geld

Möglich ist das auch, weil die Ausgleichszahlungen der EU nicht ausdrücklich an Bauern, sondern an Grundbesitzer und Pächter gehen. Diese sind zwar zum Großteil Lebensmittelproduzenten, kümmern sich aber gleichzeitig auch um die ländliche Entwicklung. Die Interpretation, worin diese Aufgabe besteht, ist in den einzelnen 27 EU-Ländern aber offenbar sehr unterschiedlich. Nur in Luxemburg hat der Rechnungshof 2006 ausschließlich Antragsteller gefunden, die einen landwirtschaftlichen Betrieb führten.

Auch in Österreich floss das EU-Geld also in Leistungen, die nicht unbedingt zu den Kernaufgaben der Landwirtschaft gehören. Man müsse aber „wenn überhaupt, von Einzelfällen“ ausgehen, sagte Daniel Kapp, Sprecher von Landwirtschaftsminister Josef Pröll, der „Presse“. Es gebe EU-weit „kleine Margen in der ländlichen Entwicklung, wo zum Beispiel touristische Kooperationen gefördert werden“ – etwa, wenn ein Betrieb Lebensmittel aus der Region vermarktet.

Der Rechnungshof hat sich in seinem Bericht für 2006 mit der Kritik an der Agrarförderung dennoch zurückgehalten. Sorgen machen den Luxemburger Buchprüfern viel mehr die Zustände in der Struktur- und Regionalpolitik. Immerhin zwölf Prozent dieser Förderungen – rund 3,9 Milliarden Euro – erachtet der Rechnungshof wegen Betrugs oder Fehlern in den Abrechnungen als nicht EU-rechtmäßig.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 15.11.2007)

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